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EMBRACE THE CHANGE / LEA KARRASCH / CLÉMENT RAMES / BARCELONA…

Fortsetzung zu ‘Der Mensch im Mittelpunkt‘. Ausgangspunk: Lea Karrasch studiert Design an der IED Barcelona / Escuela Superior de Diseño. Aktueller Stand des Studiums: Bachelor Grade. Zusammen mit Clément Rames hat sie das Studienprojekt AQUI entwickelt und umgesetzt. Thema der Studienarbeit: Tourismus. Irritierend auf den ersten Blick. Denn die spontane Erwartung wäre eine objektorientierte Aufgabenstellung. Ein weiteres Fahrrad zum Beispiel mit perspektivischer Connectivity, oder so. Stattdessen Konfrontation von Design mit einem Phänomen, dessen Gestaltung nicht mehr mit den Denkmodellen des Objekthaften zu erfassen ist. Beachtenswert, weil Design vor Herausforderungen gestellt wird, deren Dimensionen auf der einen Seite von der Lehre kaum erfüllt werden. Die auf der anderen Seite aber Grundsätzliches der Philosophie des Gestaltens hinsichtlich ihrer Bedeutung für die Gesellschaft fokussieren. Design im Sprachgebrauch der weisen alten, in Schwarz gekleideten Männer ist nicht mehr sphärisch ‚alles‘. Konkret definitiv mehr. Lea hat die Herausforderung angenommen. Ihr Projekt ist beispielhaft für die Realisierung dessen, was so gern und nebulös mit Interdisziplinär bezeichnet wird. Es geht um die Wechselbeziehung zwischen Tourismus und den Bewohnern von Barcelona. Um den Raum, der Beidem zur Verfügung gestellt wird. Um die Effekte der Mobilität und die Möglichkeit, gerechten und konstruktiven Ausgleich im Verhältnis innerhalb der Bewohner Barcelona’s und im Verhältnis zwischen den Bewohnern und den Touristen zu schaffen. Lea’s Leitgedanke: This work is based on the believe that design has to embrace the change, adapt to it and take respon-sibility to build inclusive and regenerative futures today.

AQUI / LEA KARRASCH
Es ist nicht einfach, aber machbar…

Die Fakten zu Barcelona: 1,6 Millionen Einwohner mit einer der höchsten Einwohner-Dichten im Vergleich europäischer Städte: 15.881 Einwohner pro Quadratkilometer. Die Stadt gehört zu den zehn meistbesuchten Städten Europas, ist erster Anlaufpunkt für Kreuzfahrtschiffe. Unter Europas größten Flughäfen nimmt Barcelona Rang sechs ein. Der Status vor Corona: Mehr als 23 Millionen Touristen pro Jahr, rund 154 000 sind es täglich. 3,1 Millionen Touristen kommen per Schiff, über den Airport reisen 52,7 Millionen Menschen. Pro Jahr. Die Stadt und ihre Bewohner sind mit dem Überschreiten der Kapazitätsgrenze konfrontiert. Und mit der Zunahme sozialer Konflikte. Denn die kommerziellen Interessen des industrialisierten Tourismus führen zur Verdrängung. Mieter werden mit extrem steigenden Mieten konfrontiert. Wohnungen zu Unterkünften von Touristen umgewandelt. Der klassischen Nahversorgung zugeordnete Geschäfte werden verdrängt und durch Souvenirshops und Filialen von Verkaufsketten ersetzt, die höhere Mieterträge versprechen. Barcelona ist aus dem Gleichgewicht geraten. Die Bewohner der Stadt mutieren von Gastgebern zu Statisten einer desaströsen Kommerz-Inszenierung. Wenn Touristen als wandelnde Geldscheine betrachtet werden und Anwohner als störende Kostenfaktoren, kann das auf Dauer nicht mehr funktionieren. Ein Teilaspekt davon ist ein höchst bedenklicher Wandel in der Mobilität, die bei Fortsetzung des Bisherigen aus dem System öffentlichen Raums als soziale Austauschfläche überfüllte Kanäle für Fahrzeuge machen wird.

AQUI / LEA KARRASCH
Systematik des Transformationsprozesses…

Das bisherige System der Verordnung top-down hat sich als untauglich erwiesen. AQUI, so haben Lea Karrasch und ihr Projekt-Partner Clément Rames ihr Design-Projekt genannt, sehen Bottom-Up als den richtigen Weg. Zitat aus dem Thesis-Papier: “A Top-down solving strategy is no longer appropriate for solving today‘s complex problems and creating fundamental change“ (Design Council, 2006). With these new terms of design, designers face several philosophical challenges. A system cannot be designed. Nowadays problematics, whether they concern environmental, social or economic conflicts, cannot be solved by an individual group of people. A designers role is shifting away from designing materialistic products people don‘t need, but rather to create ways where existing ressources can unfold their entire potential. The most powerful of such lies within the people. Stimulating behavioral change can lead to real, sustaining transformation and ground the footprints towards a regenerative future into the present reality.

AQUI / LEA KARRASCH

AQUI / LEA KARRASCH
Bisheriges Nutzungsprofil der Projektraums…
AQUI / LEA KARRASCH
Mögliches Profil für die Zukunft…
AQUI / LEA KARRASCH
Gestaltungsvorschläge der jüngsten Anwohner…

So hat das Team Interesse bei der Stadtverwaltung von Barcelona und bei den Bewohnern einer ausgewählten Straße dafür geweckt, integrative Gestaltung unter Berücksichtigung der Wünsche und Bedürfnisse zum Ansatz für die Lösung des Problems zu machen. Aus Abgrenzung wurde Teilnahme und Teilhabe. Die Anwohner haben ihre Umgebung so gestaltet, dass Durchlässigkeit die fatale Abgrenzung ersetzt. Das ist nun eine Art Zwischenbericht, denn das Projekt wird fortgesetzt. Im nächsten ‚Kapitel‘ werden Bilder des aktuell Realisierten gezeigt werden. Als Nachweise, dass Design Anstoß und Anleitung für den Prozess des notwendigen Wandels geben kann- und zu geben hat…

AQUI / LEA KARRASCH
Von den Anwohnern für ihre Straße hergestellt…

Die Illustrationen und Bilder hat AQUI für diesen Beitrag zur Verfügung gestellt.