Zum Inhalt springen

TRANSFORMATION HAPPENS BY DESIGN OR DISASTER…

Der Mensch steht im Mittelpunkt. Die New Wave im Marketing. Fehlender Zusatz: Im Mittelpunkt, wenn er genau das kauft, was ihm gerade angeboten wird. Mögliche Ableitung daraus: Wer sonst als ‚Der Mensch‘ soll die Socken, Teelöffel, Möbel oder Fahrzeuge denn kaufen? Ergo steht der Mensch seit jeher im Mittelpunkt des Interesses. Neutral bewertet im Mittelpunkt des kommerziellen Interesses. Die Folge hieraus ist nicht primär die Bereicherung dessen, was für ‚Den Menschen‘ im Mittelpunkt steht. Bezogen auf die fundamentalen Bedürfnisse ist das primär überschaubar. Global betrachtet ist ‚Der Mensch im Mittelpunkt‘ als Versprechen saturierter Volkswirtschaften eine hohle Phrase. Vielleicht anwendbar in jenen Zonen der Privilegierten, in denen die ‚Mittelpunkte‘ volatil und inflationär markiert werden können. Die Folgen hieraus sind seit Jahrzehnten bekannt. Umweltverschmutzung, Ressourcenverbrauch in nicht mehr natürlich regenerierbaren Dimensionen. Gier und Verantwortungslosigkeit. Verarmung, politische Instabilität und Gewalt, Not und Perspektivlosigkeit dort, wo Privilegien als Unrecht bezeichnet werden müssten. ‚Der Mensch im Mittelpunkt‘ als Formel der Übererfüllung der Saturiertheit ist untauglich. Die Vision und verpflichtende Maxime vom ‚Menschen im Mittelpunkt‘ hat das Potenzial, nach Prüfung der Glaubwürdigkeit der bestehenden Strukturen das inhaltslose Versprechen gegen globale Verpflichtung zu tauschen. Das heißt neu denken und neu handeln. Nach wie vielen Jahren menschlicher Existenz auf dem Globus wäre das ein ehrenwerter Umbruch.

AQUI / BARCELONA PROJEKT / LEA KARRASCH

 

Wie werden die Menschen ihre Welt gestalten? Es weckt Aufmerksamkeit und Misstrauen zugleich, wenn die Politik beginnt, die Verantwortung des Gestaltens in den Bereich des physisch Herstellbaren oder des methodisch Kontrollierbaren zu verlagern – und sich womöglich der Verantwortlichkeit für das Sichtbare zu entziehen. Die Designer, Künstler, Architekten und andere sollen den Lebens-Räumen ein neues Gesicht geben, während die Politik den Rahmen für das Machbare maßgeblich weiterhin bestimmen will. Es hat sich in der Vergangenheit erwiesen, wie schnell und rigoros Politik Gestaltungsrahmen zu nutzen in der Lage war. Der Mensch im Mittelpunkt mutierte dabei zur definierten Gruppe, die in den Mittelpunkt zu stellen sei. Divide et Impera, Erfolgsformel für das Beibehalten hegemonialer Interessen. Angewendet im Prinzip auf jeder Ebene, in der definiertes Wohlverhalten priorisiert wird. Das darf, dies zur Klarheit, nicht mit dem Bruch der für alle geltenden Gesetze vertauscht und verstanden werden. Und dieses Trennen geschieht. Die Jugend soll das Neue gestalten. Und letztlich den Preis entrichten, den die vorhergehende Generation durch ihr Beharren definiert hat. Das ist das krasse Gegenteil dessen, was zwingend und dringend für substanziellen Fortschritt vonnöten ist. Das gemeinsame Streben nach Besserung durch Teilen des gemeinsamen Zieles und sinnvolles Aufteilen der Durchführung nach Fähigkeit, nicht nach Ideologie.

AQUI / BARCELONA PROJEKT / LEA KARRASCH

 

Designer sollen es richten? Das wird grundlegende Fragen aufwerfen, die sich mit den Lehrplänen des Hergebrachten nicht werden beantworten lassen. Die ehrenwerten Forderungen früherer Designer-Generationen nach Gestaltung des Wesentlichen in Bezug auf das Objekthafte relativieren sich. Die Thesen des Philosophen Ettore Sottsass, seine Versuche der Formulierungshilfen für grundsätzliche Entscheidungen, können (jungen) Designern Impulse geben. Der fordernde Imperativ ‚Was‘ wird der Prüfung des ‚Warum‘ weichen. Der Umschwung ist im ‚jungen Design‘ ansatzweise erkennbar. Ob die traditionelle Lehre das unterstützen kann, ist fraglich. Von Bedeutung wird sein, dass die Gesellschaft das Streben nach der neuen Sichtweise, nach dem Mittelpunkt, in dem der Mensch zu stehen hat in der umfänglichen Bedeutung unterstützen wird. So weit der Prolog zu einem Projekt, das eine junge Designerin, Lea Karrasch, mit ihren Kommilitonen in Barcelona initiiert hat: AQUI. Ausgangspunkt ihrer Arbeit ist die Gegenüberstellung von Tourismus und Mobilität. Vorzustellen in einem folgenden Beitrag.

AQUI / BARCELONA PROJEKT / LEA KARRASCH

 

Bilder und Visuals: AQUI, Lea Karrasch