Wenn das Alltägliche zur Anpassung zwingt oder Anpassung zum Mittel erstrebten Erfolgs wird, ist die Grenze des für einen Künstler Zumutbaren unterschritten. Wenn Mode sich in Form gekünstelter Turnschuhe wiederfindet, in aufgehübschter Funktionskleidung und in beklemmend verklemmten Unisex-Verkleidungen. Wenn das bunt exaltierte Spektakel vergeht und der Retorte auf zig Millionen kleiner Bildschirme und dem müden Zirpen von Influencersätzen weicht, dann ist es Zeit, über das Nächste nachzudenken. Thierry Mugler sagt von sich, er sei oft der Visionär gewesen, seiner Zeit voraus. Schicksal oder Gnade der Visionäre ist, dass sie erst Jahre später verstanden wurden und werden. Er hat auf seinem Weg nach vorn symbolhaft einen Schritt zurück gemacht. Jetzt ist es Manfred Thierry Mugler, der die Bühnen gestaltet. Er sei ein Geschichtenerzähler, Regisseur der sinnlichen Gesamtschau des Lebens. Mit der Mode habe er aufgehört, als sie keine künstlerische Kommunikation mehr war. Mode wurde ausschließlich zum Geschäft (Zitat Mugler).
Ausstellungen haben etwas Bivalentes. Sie machen Vielen den Zugang, die Entschlüsselung künstlerischer Intention möglich. Andererseits subsummieren sie aus Sicht des Künstlers das bisher Erreichte, markieren einen Halt auf der Zeitachse. Ausgestellt wird, was war. Mit der Ausstellung THIERRY MUGLER: COUTURISSIME in der Kunsthalle München ist es gelungen, das Museale zu verlassen und in den Kontext der ‚Raumzeit‘ einzutreten, in die Projektion des Jetzt in den Dimensionen des Wirkens des Künstlers.
“Thierry Mugler: Couturissime” /
Kunsthalle der Hypo-Kulturstiftung, Theatinerstrasse 8 (in den fünf Höfen) / 80333 München / T +49(0)89-224412 / Die Ausstellung dauert noch bis zum 28.Februar 2021, täglich geöffnet zwischen 10:oo und 20:oo Uhr