PAUSE: BROKEN SOUNDS / REMOTE MUSIC /Prepared Pianos from the Archivio Conz Collection. Wie lässt sich der Ausweg aus dem Dilemma finden? Die Ausstellung der Prepared Pianos im KW Institut in Berlin ist vorüber. Es bleibt der Nachhall, nicht als Trost. Losgelöst von Aktualität und Raum der Präsentation ist es das Echo, das die Geschichte trägt. Wichtig und sinnvoll, die Rahmenbedingungen voranzustellen: Das KW Institute for Contemporary Art in Berlin widmet sich durch die Produktion, Präsentation und Vermittlung zeitgenössischer Kunst zentralen Fragen unserer Gegenwart. Das Archivio Conz in Berlin bewahrt über dreitausend Arbeiten und Memorabilien von über einhundertzwanzig Künstlern, in den Edizioni Conz sind über dreihundert Publikationen von mehr als sechzig Künstlern aus den siebziger Jahren des letzten Jahrtausend bis in die ersten Jahre von 2000 gesammelt.
Wer war Francesco Conz? Er stammt aus einer österreichisch-ungarischen Familie, die im 19..Jahrhundert das von Thurn und Taxis verliehene Monopol besaß, Pilgerreisen zwischen Innsbruck und Padua zu organisieren. Geboren wurde er in Citadella bei Padua, studierte Wirtschaft und Jura in Mailand, reiste durch Europa und fand eine Anstellung beim Duke of Windsor und Wallis Simpson in ihrem Pariser Exil. Dort durfte er deren Bibliothek nutzen. Das förderte sein Interesse an den Schnittstellen zwischen Kunst und Literatur. Danach ging er nach London, arbeitete dort als Schaufenster-Dekorateur der Firma Liberty in der Regent Street. Nächste Station war in Hamburg, als Kameragehilfe beim Deutschen Fernsehen. Es folgte ein Studienaufenthalt in Spanien an der Sommeruniversität Internationale Universität Menéndez Pelayo, wo er Literatur studierte.
1972 Rückkehr nach Italien, wo er in Venedig eine Galerie mit Arbeiten der italienischen Pop Art eröffnete. In Berlin lernte er Joe Jones, Komponist und Fluxus-Mitglied, René Block und Günter Brus kennen- der ihm den Kontakt zu Hermann Nitsch herstellte. Conz schloss seine Galerie in Venedig, mietete den Palazzo Baglioni in Asolo und schuf damit einen Ort der Begegnung und des Sammelns. Nitsch schuf dort seinen Asoloraum, Brus stellte neun Holztafeln mit dem Titel ‚I Cardinali‘ und ‚La Croce del Veneto‘ her. Joe Jones lebte dort mehrere Jahre, Takako Saito ein paar Monate. Zu Besuch kamen Otto Muehl, Walter Marchetti, Juan Hidalgo, Nam June Paik, Charlotte Moorman, Daniel Spoerri, Edith Adam, Ludwig Hoffenreich, Al Hansen, Jon und Geoffrey Hendricks oder Kosugi. Peter Moore, Alison Knowles, Bob Watts, Philip Corner, Gerhard Rühm, Carolee Schneemann, Milan Knížák, Jackson MacLow, Ay-O, Vincent Trasov, Emmett Williams und Ann Noël. In New York lernte er John Cage, George Maciunas, Jonas Mekas und andere Künstler der Avantgarde-Szene kennen. 1979 folgte der Umzug nach Verona, wo Francesco Conz 2010 starb.
Die komprimierte Schilderung seiner ‚Reise‘ durch die Kunst ist wichtig – denn Francesco Conz waren Bedeutung und Wert kreativer Prozesse wichtig. Seine Sammlung ist eine Dokumentation der Schnittstellen zwischen allem, was Kunst bewegt und was Kunst bedeutet. Sie zeigt den fließenden Übergang zwischen Kunst und Leben. Verdeutlicht die Intention der Fluxus-Bewegung. Von Emmett Williams zusammengefasst: „Das Leben ist ein Kunstwerk, und das Kunstwerk ist Leben.“ Ein Teil des Ganzen ist Musik, ein Teil davon sind Pianos. PREPARED PIANOS sind Kunstwerke zwischen den Sphären des Sehens und Hörens. Mehr als sechzig befinden sich in der Archivio Conz Collection. Einige davon waren nun in Berlin zu erleben. Einige Bilder dürfen wir zeigen, das Echo von Kunst und Leben möchten wir weitergeben…
Die Bilder haben KW, Institute for Contemporary Art in Berlin, und Archivio Conz Collection zur Verfügung gestellt. Giorgia Palmisano hat die Prepared Pianos fotografiert. Im Text zitiert sind Quellen aus Wikipedia und den Publikationen zur Ausstellung. Titelbild: Ann Noël, Ohne Titel, 1989/2001, Courtesy Archivio Conz, Berlin, Foto: Giorgia Palmisano