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LEONARDO da VINCI…

Nur intimsten Kennern könnte es vielleicht noch möglich sein, den zutreffenden und berechtigten Superlativen zu diesem genialen Menschen weitere hinzuzufügen. So ist es kaum, eher gar nicht möglich, hier Weiteres zu beschreiben als dass Leonardo da Vinci ein großartiger Künstler war. Einmalig macht ihn seine Neugier und die Art und Weise, seine Erkenntnisse in einer Form zu dokumentieren, die für seine Zeit revolutionär war. Den Dingen auf den Grund zu gehen und das Gefundene mit den Mitteln der Zeit und der künstlerischen Gestaltungsfähigkeit wirklichkeitsnah wiederzugeben, erweitert die Dimension in der Würdigung seines Wirkens. Ein Künstler fertigt Skizzen als Vorstufen eines damit verbundenen Werks. Leonardo erforschte die Zusammenhänge und stillte mit seinen Darstellungen das Bedürfnis nach mehr Wissen über das bis dahin weniger oder nicht Bekannte. Aus diesem Fundus an Realitäten schuf er seine Kunstwerke, die dem Wirklichen Rechnung trugen und zugleich die Grenzen zu Phantasie und Vision überschritten. Ein Zitat von ihm: „Wer wenig denkt, irrt viel.“ Leonardo sah und erforschte Zusammenhänge. Er war fasziniert von der Vollkommenheit der Natur und bescheiden hinsichtlich seines Strebens nach Perfektion. Die Versuche der Näherung an das Vollkommene der Natur kommentierte er in einem Satz, der noch heute Beachtung finden sollte. In einer Zeit, in der die Menschen glauben, dass sie die Regeln auf den Kopf stellen könnten. „Obwohl das menschliche Genie in verschiedenen Erfindungen mit verschiedenen Mitteln zu einem und demselben Ziel antwortet, wird es nie eine Erfindung weder schöner, noch leichter, noch kürzer als die der Natur finden, weil in ihren Erfindungen nichts fehlt und nichts überflüssig ist.“ Das könnte ein Satz von heute sein. Besonderen Platz nehmen Leonardo da Vinci’s technische Visionen ein mit Entwürfen, die seiner Zeit sehr weit voraus waren. Rätselhaft, dass seine Konstruktionen Fehler enthielten, die angesichts seiner Genauigkeit vielleicht nicht nur unbeabsichtigt oder flüchtig waren. Ein Panzer, sein Panzer, der sich nicht fortbewegen lässt? Möglicherweise beantwortet dieses Zitat, ob es Zufall oder Absicht war: „Auf der Erde wird man Geschöpfe sich unaufhörlich bekämpfen sehen, mit sehr schweren Verlusten und zahlreichen Toten auf beiden Seiten. Ihre Arglist kennt keine Grenzen. In den riesigen Wäldern auf der Welt fällen ihre grausamen Mitglieder eine riesige Zahl an Bäumen. Sind sie erst mit Nahrung vollgestopft, wie wollen sie ihr Bedürfnis befriedigen, jedem lebenden Wesen Tod, Trübsal, Verzweiflung, Terror und Exil zuzufügen … O Erde! Worauf wartest du, um dich zu öffnen und sie in die tiefen Spalten deiner großen Abgründe und deiner Höhlen zu reißen und dem Angesicht des Himmels ein so grausames und furchtbares Monster nicht mehr zu zeigen!“

Dass gerade die Faschisten Italiens die mechanischen Projekte Leonardo’s für ihre Propaganda nutzen, nun, das ist zur Kenntnis zu nehmen. Zu beantworten ist das mit dem schon vorher eingefügten Zitat: „Wer wenig denkt, irrt viel.“ Was haben sie erreicht? Nichts außer Horror. Zugleich sehr viel, das folgte allerdings sicher nicht ihrem Plan. Sie versuchten, den genialsten Gestalter seiner Zeit vor ihren Karren zu spannen. Über ihn und seine Arbeiten spricht die Welt mit Bewunderung. Die Antwort auf Faschismus und Gewalt hat Leonardo vor jetzt gut fünfhundert Jahren bereits gegeben.

Der TASCHEN VERLAG gibt zum 500.Todestag Leonardos das umfassendste Buch heraus, das je über den Jahrtausendkünstler erschienen ist. Es umfasst sämtliche Gemälde und fast 700 Zeichnungen. Diese aktualisierte Jubiläumsausgabe bietet den bislang vollständigsten Überblick über Leben und Werk des Malers, Bildhauers, Architekten, Wissenschaftlers und Erfinders. Der Catalogue raisonné umfasst sämtliche Gemälde, sowohl die erhaltenen als auch jene, die leider verloren gingen. In zahlreichen ganzseitigen Details kann der Leser die feinsten Facetten der Pinselstriche, die die Kunst revolutionierten, buchstäblich unter die Lupe nehmen.

Der Katalog zum grafischen Werk ordnet fast 700 Zeichnungen nach Kategorien (Architektur, Technik, Anatomie, Kartographie usw.) und stellt Leonardos unvergleichliche Beobachtungsgabe in den Vordergrund – von anatomischen Studien über komplexe Baupläne bis hin zu Porträts niedlicher Babys.

Der begleitende Text über Leonardos Leben und Werk geht besonders detailliert auf die Meisterwerke Die Verkündigung und Das letzte Abendmahl ein. Ebenfalls enthalten ist ein neues Vorwort von Frank Zöllner, das eigens für diese Ausgabe erweitert wurde und die neuesten wissenschaftlichen Erkenntnisse zu Leonardos Werk berücksichtigt sowie die Geschichte hinter dem eindringlichen Salvator Mundi erzählt, dessen Versteigerung die Rekordsumme von rund 400 Millionen Euro erzielte.

Die Autoren 

Frank Zöllner schrieb seine Dissertation über ein antikes Motiv in der Kunst- und Architekturtheorie des Mittelalters und der Renaissance (1987) und seine Habilitation über Leonardo da Vincis Bewegungsstudien (erschienen 2010). Er verfasste zahlreiche Publikationen zur Kunst und Kunsttheorie der Renaissance sowie über die Kunst des 20. Jahrhunderts. Seit 1996 ist er Professor für Mittlere und Neuere Kunstgeschichte an der Universität Leipzig. Bei TASCHEN veröffentlichte er XL-Monografien über Leonardo da Vinci und Michelangelo.

Johannes Nathan studierte Kunstgeschichte an der New York University und dem Courtauld Institute of Art in London. 1995 dissertierte er dort über die Arbeitsmethoden Leonardo da Vincis. Er ist Verfasser zahlreicher kunstwissenschaftlicher Studien und engagiert sich neben seiner Tätigkeit als Direktor der Nathan Fine Art (Berlin/Zürich) regelmäßig in der kunsthistorischen Lehre (derzeit an der TU Berlin).

Leonardo. Sämtliche Gemälde und Zeichnungen

Frank ZöllnerJohannes Nathan / Hardcover, 21 x 26 cm, 704 Seiten / ISBN 978-3-8365-7626-0
Ausgabe: Deutsch / ISBN 978-3-8365-7625-3 / Ausgabe: Englisch

Die Abbildungen hat der TASCHEN VERLAG zur Verfügung gestellt.