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DIE REDE ZU CORONA VON HERRN BUNDESPRÄSIDENT STEINMEIER AM 14.12.2020…

Es wäre zu wünschen, dass die Politik einen klaren und konsequenten Weg gefunden hätte, mit den Corona-Problemen umzugehen. Alle müssen sich derzeit der Realität stellen, dass in den zurückliegenden Monaten nicht nur die Politik massive Fehler gemacht hat, sondern auch zu viele andere. Die Zeit für das Aufarbeiten wird kommen. Im Moment kann es nur darum gehen, geschlossen zu handeln, die Demokratie genauso zu verteidigen wie Gesundheit, Leben und Wohlergehen aller. Einmütig. Deshalb geben wir die Rede wieder, mit der Herr Bundespräsident Steinmeier dazu aufrief. Es ist nicht die Zeit für Klagen und Streiten, sondern höchste Zeit für Einigkeit aller. Mit dem Titelbild des ‚Dragon‘-Corona machen wir immer wieder darauf aufmerksam, achtsam und zugleich hilfsbereit und mutig zu sein.

Dezember 2020

Bundespräsident Steinmeier hat sich heute in Schloss Bellevue zur aktuellen Lage in der Corona-Pandemie geäußert. Der Bundespräsident sagte:

„Liebe Bürger und Bürgerinnen, wir alle hatten gehofft, weiter zu sein. Doch das Virus hat uns nach wie vor fest im Griff. Von Mittwoch an wird deshalb unser öffentliches und unser privates Leben so stark eingeschränkt wie noch nie in der Geschichte der Bundesrepublik Deutschland. Die Lage ist bitterernst. Tausende Todesfälle in einer Woche und ein Infektionsgeschehen, das außer Kontrolle zu geraten droht – wir kommen an einschneidenden Maßnahmen nicht vorbei. Die Fakten sind untrüglich, und sie sind bedrückend. Wenn sich Tag für Tag zehntausende Menschen mit dem gefährlichen Virus anstecken und hunderte sterben, wenn Ärztinnen und Pfleger in den Intensivstationen und Pflegeheimen schon jetzt an der Belastungsgrenze sind, dann heißt das auch: Unsere bisherigen Anstrengungen im Kampf gegen die Pandemie reichen nicht aus, wir müssen noch konsequenter handeln. Das gilt für das politische Handeln auf allen Ebenen. Das gilt aber auch ebenso für unser persönliches Handeln. Jeder und jede muss sich fragen: Was kann ich zusätzlich tun, um mich und andere zu schützen? Und vor allem die zu schützen, die besonders gefährdet sind?

Wir werden Weihnachten und Neujahr anders feiern, als wir gehofft hatten. Die kommenden Wochen werden für viele Menschen eine belastende Zeit sein. Die Einschränkungen, die wir uns auferlegen müssen, gefährden wirtschaftliche Existenzen, sie machen einsam, und sie drücken aufs Gemüt. Ich bin mit meinen Gedanken bei all denen, die an der Pandemie und ihren Folgen besonders schwer tragen müssen. Wir sind jedoch dem Virus nicht schicksalhaft ausgeliefert. Es hängt an uns. Und wir wissen, was zu tun ist. Feiern lassen sich nachholen, und über Geschenke freuen sich Freunde und Verwandte auch später noch. Was jetzt zählt, ist, Gesundheit zu erhalten und Menschenleben zu retten. Unser oberstes Ziel muss es sein, die Infektionszahlen so schnell wie möglich zu senken und dann auf niedrigem Niveau zu halten. Das kann nur gelingen, wenn wir in den nächsten Wochen unsere Kontakte und Begegnungen radikal begrenzen. Das muss schnell und umfassend geschehen. Es darf nicht so weit kommen, dass unser Gesundheitssystem kollabiert.

Wir sind im Kampf gegen das Virus jetzt in eine entscheidende Phase getreten. Unsere medizinischen Kenntnisse und Behandlungsmöglichkeiten sind inzwischen weiter als noch vor einigen Monaten. Und es gibt zusätzlichen Grund, zuversichtlich zu sein: Die ersten Impfstoffe werden noch im Dezember in Deutschland zugelassen, hunderte von Impfzentren sind eingerichtet oder im Aufbau, und gleich nach Neujahr beginnen die Impfungen. Ich bin sicher, die Verantwortung, die wir jetzt zeigen, die Lasten, die wir jetzt und noch eine Zeit tragen werden, sind nicht vergeblich. Sie bringen uns dem Ende der Pandemie näher. Seit nun schon zehn Monaten geht es um Corona, und das Tag für Tag. Die Pandemie beherrscht unseren Alltag und besetzt unser Denken. Und die Ungeduld wächst. Ich möchte denen, die am liebsten nichts mehr von Corona hören und zum Alltag übergehen möchten, an dieser Stelle sagen: Lassen Sie uns bitte an die besonders Gefährdeten denken, an die vielen Erkrankten und an jene, die in den Intensivstationen um ihr Leben ringen. Und denken wir auch an die vielen Ärztinnen und Pfleger. Sie kämpfen in den Krankenhäusern und Pflegeheimen bis zur Erschöpfung dafür, dass die Pandemie nicht noch mehr Menschenleben fordert – und sie setzen dabei auch ihre eigene Gesundheit aufs Spiel. Ja, wir müssen an die besonders gefährdeten älteren Menschen denken; aber vergessen wir darüber nicht diejenigen, die ihre Zukunft noch vor sich haben. Kinder, Jugendliche und genauso ihre Eltern sind darauf angewiesen, dass wir die Pandemie in den Griff bekommen. Die kommenden Wochen sind eine Prüfung für uns alle. Wir sind ein starkes Land, weil in dieser schweren Krise so viele Menschen füreinander da sind und über sich hinauswachsen. Wir alle sind in den letzten Monaten gemeinsam einen weiten Weg gegangen – gehen wir ihn gemeinsam und in Rücksicht aufeinander weiter und zu Ende. Ich bin ganz sicher: Die Pandemie wird uns die Zukunft nicht rauben. Wir werden diese Krise überwinden. Das muss gelingen; und es wird gelingen!“