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DISEGNO TRANSALPINO…

Was geschieht da gerade? Design und seine Akteure und Beobachter hatten es sich kommod eingerichtet. Die Zentren waren -oder vielleicht sind sie es noch- Kraftfelder für gestalterische Avantgarde. Von dem dort versammelten Potenzial gingen die Strömungen nach außen und bewirkten Adaption. Aus Sicht der Protagnisten primär nicht wirklich wünschbar, dennoch als trendverstärkendes Momentum für die Wirksamkeit der Spitze hilfreich. Weil es ohnehin unvermeidbar war und ist, war das durch Maximierung der Thematik und Erhöhung von Frequenz in Bewegung zu halten- und dennoch friedfertig zu tolerieren. Ettore Sottsass pointierte das, indem er von der Pest in Mailand sprach, dem stile design.

Disegno Transalpino Merano Arte
Ettore Sottsass, La Bandiere Gialla…

Design ist wie Vieles auf die Wirksamkeit durch Erfolg ausgerichtet. Erneut Sottsass: Quantität schafft Qualität. Folgerichtig, dass Design den Verdichtungen der industriellen Nutzer von Design in oder nah bei den Metropolen folgte. Mit zunehmender Entfernung davon schwächten sich die Wirkungsmechanismen. Das galt und gilt noch immer- das El Dorado ist sachlicher oder intentioneller Magnet. Nun ist das weder neu noch in irgend einer Form verwerflich. Es ließe sich als marktkonformes Agieren einordnen. Verbunden mit dem positiven Druck zur Intensivierung der Ausbildung in den Zentren mit ihren weiträumig ausgerichteten Verbindungen.

Hier steht das Design im Mittelpunkt der Betrachtung. Migration aus Gebieten mit minderen Erfolgsaussichten hin zu den Anziehungspunkten ist Normalität in vielen Lebensbereichen. Weltweit. Zu beobachten ist, dass sich Werte und Bewertungen in einem Transformationsprozess befinden. Wirksamkeit, in diesem Beitrag bezogen auf Design und Gestaltung, löst sich von der Betrachtung aus quantitativer Sicht. Qualität generell und in ihrem Bezug zum nahen Umfeld, sei es wirtschaftlich oder emotional, gewinnt an Beachtung und Wertschätzung. Interessant ist das nicht nur in diesem Segment Design. Gestalter und Künstler sind Seismographen für gesellschaftliche Strömungen und formulieren früh, was später in der Breite der Gesellschaft wirksam wird. Spürbar ist, dass die Anonymität der Globalisierung in Verbindung mit ihrer Machtentfaltung auf Widerstand stößt. Regionalität mit überschaubarer und in kurzen Zyklen spürbarer Wirksamkeit findet Beachtung. Nachhaltigkeit im Denken, Planen und Handeln prägt Maßstäbe und Werte.

In diesem Kontext ist die Ausstellung DESIGN FROM THE ALPS / Tirol-Südtirol/Alto Adige-Trentino in Meran zu sehen. Initiiert und veranstaltet von Kunst Meran/Merano Arte und Lauben 163. Sie geht vom 11.Oktober 2019 bis zum 12. Januar 2020. Damit das nicht vergessen wird, auch gleich der Verweis auf den Ausstellungskatalog: DESIGN FROM THE ALPS 1920/2020, herausgegeben von Kunst Meran/ Claudio Larcher/ Massimo Martignoni/ Ursula Schnitzer. Verlag ist der Scheidegger & Spiess Verlag in Zürich / ISBN 9783858816498 / 460 Seiten / 360 Abbildungen  / Euro 48,00.

Thema der Ausstellung generell ist die Rolle von Design in der Spannungslinie zwischen den Gestaltungszentren nördlich und südlich der Alpen. Produkte aus der alpinen Zone werden gezeigt. Und die Namen der Gestalter werden aufgelistet, die in der Region ein Labor für technisch-formale Erkundungen und Innovationen eingerichtet haben. Weil es an der Zeit ist, ihre Namen zu nennen. Neben jenen, die sich aus dem Einfluss des Regionalen lösten, aber ihre Wurzeln nicht vergaßen: Ettore Sottsass Senior und Junior. Ettore junior stammte aus Innsbruck, wuchs in Trient auf und arbeitete dann in Mailand. Matteo Thun und Marco Zanini arbeiteten im Studio Sottsass. Kuno Prey blieb in Bozen, er ist Design-Lehrer an der Freien Universität Bozen. Diese Ausstellung ist es wert, sich auf den Weg zu machen. Real, schon aber auch in Gedanken…

Disegno Transalpino Merano Arte

Disegno Transalpino Merano Arte
Küchenutensilien, Kuno Prey, Alessi Twergi, 1991
Disegno Transalpino Merano Arte
Dario Montagni (mit Sergio Berizzi, Cesare Butté), Phonola, 1956, Foto Anna Maconi
Disegno Transalpino Merano Arte
Caproni, moto Capriolo75, 1955 Privatsammlung, Foto Anna Maconi
Disegno Transalpino Merano Arte
Pure luxury Spa collection: Single washbasin, Nina Mair, Tischlerei Gabriel Forcher, 2014, Foto Peter Philipp
Disegno Transalpino Merano Arte
Pressed Bike, Harry Thaler, Leaos, 2018, Foto Alex Filz
Disegno Transalpino Merano Arte
Kinderstuhl Junior, Othmar Barth, 1978, Courtesy Barth Innenausbau, Foto Anna Maconi

 

Gezeigt werden Bilder, die von Merano Arte zur Verfügung gestellt wurden. Titelbild und die Bilder von Ettore Sottsass und Matteo Thun sind aus dem Archiv von Designers-Digest.