Joel Kotkin hat in seinem Buch The Coming of Neo Feudalism aufgeschrieben, wohin Digitalisierung führen kann. Mit hoher Wahrscheinlichkeit auch führen wird. Mit religiösem Eifer und analog zu den Methoden der Verbreitung von Glauben ist ein Zustand der verhaltensgesteuerten Einzelnen herbeigeführt worden, deren finale Funktion die des Konsumierens sein soll. Konstant der Prüfung auf Konformität mit den Regeln der Glaubensgemeinschaft unterworfen. Noch sind es einzelne Staaten, die ihre Regeln auf der Basis digitaler Systeme kontrollieren und am Verhalten Einzelner orientiert Lob oder Sanktion verordnen. Sie folgen aber den Thesen Weniger, Kotkin bezeichnet sie als Neufeudalisten, die vordergründig das Entstehen einer besseren Weltgesellschaft predigen. Wobei das ‚Bessere‘ ein zukünftig an den Regeln einer sehr kleinen Gruppe von global agierenden Monopolisten orientiertes Verhalten sein wird. Das Versprechen des Heils und die Vorhersage der Hölle haben die Geschichte der Menschheit geprägt. Die Effizienz der Datentechnik stellt Gestriges in den Schatten und wird die ‚Tech-Oligarchie‘ zu den Gestaltern der ‚schönen neuen Welt‘ machen.
Technischer Fortschritt hat seit jeher Verbesserungen der Existenzgrundlagen bewirkt. Dabei ist die Verschiebung der Potenziale den Glaubensregeln des Fortschritts folgend immer zu Gunsten derer geschehen, die sich die Macht des Handelns aneignen konnten. Kotkin skizziert in seinem Buch die Folgen dieser Entwicklung. Gewachsene Strukturen werden aufgelöst werden, die Prinzipien des Gesamten werden sich nicht verändern: Es wird die geben, die im Licht stehen und jene im Schatten. Aber es werden wenige im Licht sein und sehr viele mehr im Schatten. Eine hoffentlich oder im schlechten Fall vermeintlich aufgeklärte Gesellschaft wird sich der Konfrontation stellen müssen. Sie wird entscheiden müssen, ob Digitalisierung als Mittel des Fortschritts zum Nutzen aller eingesetzt werden wird oder Feudalismus auf globalem Niveau das angestrebte Modell sein darf. Die Banane als Symbol essentieller Bedürfnisse, im klerikalen Farbton gerahmt, skizziert das Problem. Wird sie das selbstverständliche und allseits verfügbare Mittel des Erhalts einer modernen pluralen Gesellschaft sein oder gönnerhaft zugeteiltes Donum? Ironie der Geschichte ist, dass diese als Beispiel dienende Banane nur analog wirken wird.
Joel Kotkin, The Coming of NEO Feudalism, Encounter Books, New York/London 2020