Zum Inhalt springen

BAUHAUS EUROPA…

Ok, wo fängt man an. Und wie? Die Präsidentin der Europäischen Kommission, Frau Ursula von der Leyen, hat das Signal gegeben. Das neue Europäische Bauhaus soll den European Green Deal anschaulich und erfahrbar machen. Der Wunsch: Das Europäische Bauhaus soll kreative und interdisziplinäre Bewegung sein. Das erste Ziel: In den kommenden zwei Jahren sollen zunächst fünf Europäische Bauhaus-Projekte in verschiedenen Ländern der Union entstehen. Alle sind dem Thema Nachhaltigkeit verpflichtet, setzen aber unterschiedliche Schwerpunkte. Diese reichen von naturnahen Baustoffen und Energieeffizienz über Kunst und Kultur, Demographie, zukunftweisende Mobilität bis zu ressourcenschonender digitaler Innovation. Sie sollen ein kreatives Experimentallabor und Andockstelle für europäische Industrien sein und Ausgangspunkt für ein europa- und weltweites Netzwerk, das die wirtschaftliche, ökologische und soziale Bedeutung über das individuelle Bauhaus hinaus erweitert. Die Motivation: Wenn wir es schaffen, Nachhaltigkeit mit gutem Design zu verbinden, dann wird das dem European Green Deal Schub und Strahlkraft verleihen über europäische Grenzen hinaus. Es soll den notwendigen gesellschaftlichen Diskurs über neue Bauweisen und Designformen anregen. Das Europäische Bauhaus sucht und gibt praktische Antworten auf die gesellschaftliche Frage, wie modernes Leben der Europäerinnen und Europäer im Einklang mit der Natur aussehen kann. Und es wird helfen, das 21. Jahrhundert schöner und humaner zu machen. (Inhaltliche Auszüge aus der Rede der Präsidentin der Europäischen Kommission, Frau Ursula von der Leyen)

Also, Europa, fangen wir an. Die teutonische Eigenart der wie auch immer ausgerichteten Reflektion des Vorbilds, des Bauhaus von Walter Gropius, kann da mal zurückgestellt werden. Stichworte trotzdem: Das damalige Generalziel fügt sich mehr oder weniger mit der Intention von heute: Mit revolutionärem Design eine neue Lebensgestaltung für eine Gesellschaft im Umbruch zu entwerfen. OK. Mit einem der zahllosen ‚Nebensätze‘ ist da weniger anzufangen. Interdisziplinär sollte die Bildende Kunst mit der Baukunst vereint werden. Da sprach eindeutig der Baumeister von seiner Vision. Man sprach auch davon, das Gemeinsame durch Kunst zu fördern. Sie sollte dem ‚Neuen Menschen‘ dienen. Na ja, das sagten und sagen viele gern und schnell… Die Geschichte des Bauhaus hält hierzu auch ernüchternde Erkenntnisse bereit. Als ein Stichwort: Frauen im Bauhaus! Und dann sollte Design Objekte entwickeln, die billig und schnell herzustellen waren. Damals aufgrund der Rahmenbedingungen naheliegend, heute berechtigterweise zu kritisieren. Gropius wünschte sich für seine Schule, dass das Bauhaus kein Stil und kein System sein sollte. Kein Dogma oder Kanon, kein Rezept und keine Mode. Lebendig werde es sein, solange es nicht an der Form hänge, sondern hinter der wandelbaren Form das Fluidum des Lebens selbst sucht. Das hat er der anfänglichen Übung der Schule durchgehend in kleinen Lettern aufgeschrieben, weil zwei Alphabete überflüssig wären. Nachsicht also bitte für die ‚Übersetzung‘. So, was macht man jetzt daraus, wenn der Blick zurück nicht nur auf Strahlendes fällt oder auf dem Weg durch die Städte auf Gebäude trifft, die zwar den Namen an der Wand stehen haben, im Inneren sich aber eher auf die herausgelöste Formel ‚schnell und billig‘ konzentrieren? Am Ende wurde das ‚alte‘ Bauhaus unter Mies van der Rohe zu einer Architekturschule, vorher von Hannes Meyer vor allem aufgrund mangelnder Geldmittel eingeschränkt betrieben und mit dem Begriff Proletarisierung verknüpft. 1933 endete das Bauhaus. Die erhoffte gesellschaftliche Revolution war nicht eingetreten. Das grauenhafte Gegenteil eines anderen Menschenbildes prägte die Welt danach.BAUHAUS EUROPA

Man könnte einfach neu anfangen, obwohl Design das sui generis durchgehend tut. Man wird darüber diskutieren. Was ja beständig stattfindet. Man kann Projekte (fünf sollen es ja werden) ins Leben rufen, in verschiedenen Ländern der Union. Was einen wohl unvermeidbaren administrativen Gestaltungsrahmen mit erheblichem Zeitbedarf befürchten lässt. Man könnte und sollte Design aus dem Blickwinkel Gestaltung betrachten und dies rigoros auf die Prozesse anwenden, die der dringend notwendigen Dynamik im Wege stehen. Wenn das 21. Jahrhundert schöner und humaner werden soll, dann könnte schon helfen, im ersten Schritt die Attribute umzustellen: Humaner und schöner. Das war jetzt insgesamt schon wieder recht ‚teutonisch‘ bedenkentragend, oder? Verstehen Sie es bitte als einen Aufruf, die Ärmel aufzukrempeln, nicht nur die Historie im Auge zu haben, sondern das zu tun, was Gestalter tun: Neue Formen suchen und entwickeln, diesmal aber wirklich auch solche für ein humanes und schönes Leben. Und jetzt, bitte! In Milano ist das verstanden. Die TRIENNALE di MILANO hat eine Diskussionsplattform zum Bauhaus Europa installiert. Das sollte doch wohl auch woanders möglich sein. Nicht als Konkurrenz!!!! Sondern als Zeichen des Europäischen Miteinander…

Visuals: Europäische Union (Flagge) und Triennale di Milano (Screenshot)