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25 JAHRE INTERNATIONALER BFF FÖRDERPREIS & REINHART-WOLF-PREIS

Gesucht wurden die besten Hochulabschlussarbeiten im Bereich Fotografie: Ein Saal, im Stuttgarter Haus der Wirtschaft, groß genug für einen Staatsempfang. In langen Reihen ausgebreitet die Probanden. Juristische Einweisungen, weiße Handschuhe, andächtige Stille. Sieben Personen beim langsamen Schreiten entlang der Tische. Bücherblättern, Seiten werden gewendet, Papier raschelt. Gemurmelte Bemerkungen, Notizen auf Papier.Hinten an der Wand schon der heimliche Favorit, aller Zurückhaltung zum Trotz.

Der BFF-Förderpreis & Reinhart-Wolf-Preis gilt heute als wichtiger Seismograph für aktuelle Strömungen in der Fotografie, und wer wissen will, wie die kommende Profi-Generation fotografiert, der sollte sich die Ausstellung mit den prämierten Arbeiten der fünf Preisträger anschauen – etwas Vergleichbares ist so bald nirgends zu finden.

Zum 25.Mal werden jetzt die besten Hochschulabschlussarbeiten im Bereich Fotografie mit dem BFF-Förderpreis – einem der renommiertesten und höchstdotierten  Förderpreise  für  Hochschulabsolventen  –  ausgezeichnet.  Eine  dieser  prämierten Arbeiten erhält als „Best of the Best“ zusätzlich den Reinhart-Wolf-Preis. Die Gesamt-Preissumme für den BFF-Förderpreis liegt bei 12.500 Euro. Der Reinhart-Wolf-Preisträger erhält zusätzlich von der Leica Camera AG als Leihgabe für ein Jahr eine Leica M9 mit Objektiv.

 

Teilnehmen konnten alle Studentinnen und Studenten, die im Zeitraum 1.4.2012 bis 31.3.2013 ihren Abschluss an einer Hochschule oder Fachhochschule mit Erfolg erreicht haben. Von diesem Engagement des BFF, des „stern“, des Kodak- Kulturprogramms, der Leica-Camera AG, der Reinhart-Wolf-Stiftung und dem Ministerium für Finanzen und Wirtschaft Baden-Württemberg profitierten bis heute: 149 Preisträger, rund 2500 Bewerber von 151 Hochschulen aus 24 Ländern und über 100 ausstellende Institutionen, Galerien und Museen – und nicht zuletzt mehr als 820000 Besucher. Um den 25. BFF-Förderpreis 2013 haben sich 95 Hochschulabsolventen aus Dänemark, England, der Schweiz und aus Deutschland beworben.

Die Juroren: Jutta Buer (Reinhart-Wolf-Stiftung, München), Anna Gripp (Redaktion/Photonews, Hamburg), Claudia Kempf (Fotografin, Wuppertal / Preisträgerin des 10. BFF-Förderpreises 1997), Andreas Kronawitt (‚stern‘ Photodirector, Hamburg), Prof. Manfred Schmalriede, Michael Trippel (Fotograf, Berlin / Preisträger des 4. BFF-Förderpreises 1991), Götz Ulmer (Geschäftsführer Kreation, Jung von Matt/Alster, Hamburg)Die Preisverleihung & Ausstellung in Stuttgart:

In den zurückliegenden 25 Jahren 1988 – 2013 haben sich 2500 Hochschulabsolventen aus 27 Ländern von 150 Hochschulen um den BFF- Förderpreis & Reinhart-Wolf-Preis beworben.

Ausgezeichnet mit dem 25.Internationalen BFF-Förderpreos & Reinhart-Wolf-Preis:

Benjamin Zibner

„Rites de Passage“

Folkwang Universität der Künste Essen, Prof. Elke Seegerand

Seit Jahren gehört die Jugend zu den Lieblingsthemen beim BFF-Förderpreis. Kein Wunder, lassen sich doch hier gesellschaftliche und soziale Aspekte ebenso visualisieren wie aktuelle (Mode-)Trends. Und so changiert auch die Arbeit von Benjamin Zibner visuell zwischen Sozialreportage und Modestrecke, zwischen Dokument und Inszenierung. Im Mittelpunkt stand stets die Frage: Was bedeutet es, in der heutigen Zeit Jugendlicher zu sein? Antworten fand der Fotograf auf Straßen in Essen, Hamburg, Berlin und Neapel. Hier, im öffentlichen Raum, nahm er Kontakt zu Jugendlichen auf, „als dokumentierender Zeuge, der in das Geschehen eintaucht, Nahansichten liefert und Indizien sammelt, als Autor, der Geschichten erzählt und als Regisseur, der diese Geschichten auf subtile Weise inszeniert“, wie der Fotograf schreibt. Vor allem Situationen, in denen eigentlich nichts passiert, interessierten ihn. Kleine Gesten und Posen der Jugendlichen, ihre Kleidung und die Atmosphäre der Umgebung verdichten sich zu Szenen, die  sicher bei vielen älteren Betrachtern süßlich-schmerzhafte Erinnerungen hervorrufen.

Benjamin Zibners Arbeit „Rites de Passage“ wurde als „Best of the Best“ zusätzlich mit dem Reinhart-Wolf-Preis ausgezeichnet.

Zibner14_15 cm breit

Benjamin Zibner „Rites de Passage“, 25.Internationaler BFF Förderpreis

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Benjamin Zibner „Rites de Passage“, 25.Internationaler BFF Förderpreis

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Benjamin Zibner „Rites de Passage“, 25.Internationaler BFF Förderpreis

 

Ausgezeichnet mit dem 25.Internationalen BFF-Förderpreis

Sebastian Keitel

„Provisonal Installations“

Fachhochschule Bielefeld, Prof. Axel Grünewald,

Schon bei einer Reise 2004 in Südamerika übten Slums eine eigenartige Faszination auf ihn aus. Dann fing er an, in Bielefeld Fotografie zu studieren, mit einer Vorliebe für den dokumentarischen Stil und einem ihm eigenen Ordnungssinn. Als er dann gegen Ende seines Studiums einen Dokumentarfilm über Slums in Dhaka, Bangladesch, sah, stand das Thema für die Diplomarbeit fest. Sebastian Keitel fotografierte von Ende Februar bis Mitte Mai 2012 in Dhaka. In einem Slum lernte er einen Bewohner kennen, der etwas Englisch sprach. Der junge Fotograf engagierte ihn als Guide und bekam so Zugang zu den Bewohnern. Er fotografierte die Slumhütten mit und ohne Menschen, dichte Bilder voller farbenfroher Details. Für Betrachter ästhetisch reizvoll ist diese Enge zugleich deutliches Zeichen für die Armut, in der diese Menschen leben. Ein globales Problem. Für Sebastian Keitel zeigt die Arbeit exemplarisch die Wohnverhältnisse von über einer Milliarde Menschen weltweit. Zugleich zeigt sie das Streben des Menschen, sich auch unter extremen Bedingungen wohnlich einzurichten.

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Sebastian Keitel, „Provisonal Installations“, 25.Internationaler BFF Förderpreis

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Sebastian Keitel, „Provisonal Installations“, 25.Internationaler BFF Förderpreis

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Sebastian Keitel, „Provisonal Installations“, 25.Internationaler BFF Förderpreis

 

Ausgezeichnet mit dem 25.Internationalen BFF-Förderpreis

 

Paul Koncewicz

„Paul / Paweł“

Fachhochschule Bielefeld, Prof. Axel Grünewald

Wäre Paul Koncewicz in Polen geblieben, würde man ihn heute Paweł nennen. Doch seine Eltern ließen sich scheiden, als er 1 Jahr alt war und einige Jahre danach zog seine Mutter mit ihrem neuen Mann und den beiden Kindern nach Deutschland. Sie lebten sich gut ein in der neuen Heimat, konnten von den Notwohnungen bald in eine Mietwohnung und später in ein eigenes Haus ziehen. Paul Koncewicz war schon Fotostudent, als er seinen leiblichen Vater nach vielen Jahren wieder traf. Sein Interesse galt dem Portrait, dem Familienportrait und so konnte er sich fotografierend den in Polen lebenden Verwandten  nähern. In seinem zweiteiligen Buchprojekt widmet er sich dem deutschen und dem polnischen Familienteil, indem er jeweils Bilder aus den Familienalben mit eigenen Fotografien mischt. Da sehen wir den kleinen Pawel braungebrannt auf dem Arm seines leiblichen Vaters und später die beiden Männer auf einem viel zu kleinen Dreirad sitzen. Seine 8 Jahre ältere Schwester in Deutschland und die Halbschwester in Polen sind sich verblüffend ähnlich. Zwei Familien, die getrennt und zugleich vereint, unterschiedlich und zugleich ähnlich sind.

KoncewiczDSC_6457_12 cm breit

Paul Koncewicz, „Paul / Paweł“, 25.Internationaler BFF Förderpreis

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Paul Koncewicz, „Paul / Paweł“, 25.Internationaler BFF Förderpreis

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Paul Koncewicz, „Paul / Paweł“, 25.Internationaler BFF Förderpreis

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Paul Koncewicz, „Paul / Paweł“, 25.Internationaler BFF Förderpreis

 

Ausgezeichnet mit dem 25.Internationalen BFF-Förderpreis

Carlotta Poloni

„Demens“ (lat. ‚ohne Geist‘)

Hochschule für angewandte Wissenschaften München, Dozent Klaus Demuth

 

„Das Problem besteht darin, dass man schwer über etwas nachdenken kann, an das man sich nicht erinnert.“ Dieses Zitat aus J. Bernlefs Buch

„Hirngespinste“ (1984) taucht in Carlotta Polonis Buch auf, das sich mit der Alzheimer Krankheit befasst. Zum zweiten Mal zeichnet der BFF eine Abschlussarbeit aus, die sich diesem Thema widmet. Kein Wunder, ist doch die Demenz als Volkskrankheit immer mehr präsent. Carlotta Poloni erlebt Alzheimer aus der Sicht einer Angehörigen, ihre Mutter ist seit vielen Jahren erkrankt. Für die Fotografin führte das zu dem Wunsch, ein möglichst objektives und zugleich visuell ansprechendes Buch zu realisieren. Objektiv in dem Sinne, dass sie medizinische Informationen, Auszüge aus Tests für Alzheimer- Kranke und Zitate von Erkrankten und Autoren liefert. Ihre Bilder sind dagegen emotional und abstrakt, Fotogramme, die sie mit analoger Technik realisierte. Die Bilder sind einerseits ästhetisch reizvoll, andererseits spiegeln Farblosigkeit, Unschärfen, Trübung oder Lochmuster im Zusammenhang mit dem Thema Demenz Ängste wider.

Poloni32_12cm breit

Carlotta Poloni, „Demens“, 25.Internationaler BFF Förderpreis

Poloni18_12cm breit

Carlotta Poloni, „Demens“, 25.Internationaler BFF Förderpreis

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Carlotta Poloni, „Demens“, 25.Internationaler BFF Förderpreis

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Carlotta Poloni, „Demens“, 25.Internationaler BFF Förderpreis

 

Ausgezeichnet mit dem 25.Internationalen BFF-Förderpreis

Fabian Weiß

„Wolfskinder“

University of the Arts London, Dozent Paul Lowe

„Die Kinder haben sich gefreut, dass ich ihnen zuhöre“, erzählt Fabian Weiß im Interview mit der ZEIT. Die Kinder, das sind konkret Jugendliche aus schwieri- gen Verhältnissen, die von ihren Eltern getrennt leben und von der Jugendhilfe in Heimen in Deutschland und im Ausland untergebracht wurden. Wie Vanessa, 15, die über ihre Altersgenossen im Heim schreibt: „Ja, mit denen hab ich so viel gemacht und ich hab keine Lust, die schon wieder aufgeben zu müssen, nur weil irgendjemand meint, mich schon wieder woanders hinschicken zu müssen.“ Die Welt der Kinder und Jugendlichen bildet generell einen Schwerpunkt in Fabian Weiß‘ Arbeit und stets gelingt es ihm, eine besondere Nähe aufzubauen. Für sein Buchprojekt „Wolfskinder“ nahm er Kontakt zu Trägervereinen in Deutschland auf, bat Eltern um das Einverständnis und verbrachte dann viel Zeit mit den Jugendlichen in Heimen in Polen, Österreich und Schweden. In den Medien wird mitunter spöttisch über diese Einrichtungen inmitten der Natur berichtet, doch wer diese Bilder sieht, glaubt wieder an den Sinn dieser Chance abseits städtischer Schulen und Heime.

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Fabian Weiß, „Wolfskinder“, 25.Internationaler BFF Förderpreis

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Fabian Weiß, „Wolfskinder“, 25.Internationaler BFF Förderpreis

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Fabian Weiß, „Wolfskinder“, 25.Internationaler BFF Förderpreis

Troubled Youth - Timo

Fabian Weiß, „Wolfskinder“, 25.Internationaler BFF Förderpreis