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ZIEHEN ALLE AN EINEM STRANG…?

Gewinnt Design tatsächlich an Relevanz? Die Headlines der Erklärungen lassen es vermuten. Anzugehende Problemfelder bestehen in unerhörter Dimension. Hintangestellt, ob es passend ist, das mit dem Zusatz ‚Wende‘ zu versehen. Wende würde ja abruptes Bremsen voraussetzen, wenigstens das Meistern großer Kräfte beim Umdrehen. Ohne willentliche Entscheidung ‚jetzt wird die Wende gemacht‘ dürfte das Manöver nicht zum Ziel führen. Segler kennen das. Klar zur Wende, das Kommando vom Steuermann, bringt den Dampfer nur dann auf den neuen Kurs, wenn die Mannschaft das Richtige tut. Dem Design wird Relevanz zugemessen. Die Übersetzung von Design in Gestaltung ändert die Wirkungsbereiche, weil das Formale des Gestaltens sich in zukünftig interdisziplinärem gemeinsamem Handeln unterschiedlichster Sach- und Fachgebiete niederschlagen muss. Social Design fasst als Klammer zusammen, was zukünftig als Gestaltungsrahmen anzusehen ist. Verbunden mit vorausgeschickten Erklärungen zu den guten Absichten. Gewendet werden muss so gut wie alles. Ressourcenverbrauch, Energie, Mobilität, Ernährung, soziales Gleichgewicht, Finanzindustrie und so weiter. Kommen Design und Designausbildung mit einer solchen Zunahme des Gestaltungsauftrags zurecht? Noch eine Frage: Kann Design, und das müsste es in der Funktion als Social-Design können, politisch relevant werden? Mit Interesse und zugleich dem Wissen über manche Ankündigung und deren Umsetzung geschuldeter Skepsis sollte das Design den Europa-Plan der Wiederbelebung des Bauhausgedankens verfolgen. Eine Konzeption, die aus der Vergangenheit zu verstehen ist und nur bei großzügigster Auslegung den Rahmen für das beschreiben könnte, was im Jetzt bewegt werden müsste. Ob Bauhaus politische Relevanz zuzumessen ist und so als Signal für Aufbruch dienen könnte? Auch hier wäre eine Wende Voraussetzung. Das ‚Alte Bauhaus‘ musste sich der Politik beugen. Ettore Sottsass war zutiefst davon geprägt, dass seine Arbeit als Gestalter Menschen dazu bewegen sollte, über die Form des Objekts hinaus das Wesentliche des Gestaltungsbegriffs hinsichtlich seiner Wirkung auf die Gesellschaft mit zu tragen. Als Designer ist er legendär. Was die erhoffte Wirkung auf gesellschaftliche Veränderung angeht, sind seine Gedanken noch immer der Zeit voraus.

DESIGN ODER ÜBERGREIFENDE GESTALTUNG
…or in the sun?

Eine seiner zahllosen in Bildern formulierten Fragen ist, ob man im Schatten sitzen wolle oder in der Sonne. (Die Bilder stammen aus seiner Serie Metafore von 1973) Die Antwort wird immer wieder neu gegeben werden müssen. Herausfordernd für die Designer, die sich auf die wünschenswerte Rolle ihres Tuns in ihrer Ausbildung vorbereiten. In schwierigen Zeiten wie aktuell überlagert davon, ob die Frage überhaupt gestellt werden kann. Denn momentan ist das Bild vom Seil, an dem alle ziehen müssen, getrübt von einem unerfreulichen Wortbild: Es braucht Nerven wie Drahtseile zur Zeit, um die Kraft für die Herausforderungen des erweiterten Design entwickeln zu können…

Bilder: Metafore, 1973, Ettore Sottsass, Cortesia Sottsass Associati / Das Drahtseil ist ein Ausschnitt eines echten Tragseils einer Seilbahn, hier als Symbol für Belastbarkeit verwendet.