Es wäre unsachlich, angesichts handgeschriebener Dokumente über die Veränderungen zu klagen, die neue Formen der Kommunikationstechnik mit sich gebracht haben. Dennoch, das modern mit den Mitteln von heute Geschriebene und auf elektronischem Weg Verschickte wirkt belanglos und vergänglich. Es soll nicht bedeuten, dass die Achtsamkeit im Umgang mit dem Wort verloren ginge oder verloren gegangen wäre. Dass ‚schnell‘ nicht seine eigene Qualität, eben die von heute, besäße. Das mit der Hand Geschriebene fasziniert. Es besitzt die Einmaligkeit des Originals. Es ist die Nachricht, die mit Bedacht formuliert nur der Person zugedacht ist, die sie empfangen soll. Aus heutiger Sicht so wunderbar unmodern, dass es besonderen Wert und besonderen Reiz hat. Am Rande nur die Anmerkung, dass auch heute noch die persönliche Identifikation am Schluss eines Dokuments dessen Inhalt besiegelt. Es hat Bedeutsamkeit und fordert Zeit, mit eigener Hand Einmaliges und Unwiederbringliches zu schreiben. Möglicherweise ein Anreiz, die wirklich wichtigen Nachrichten in der Weise niederzulegen, die ihren Wert nie verloren hat.
Für Pedro Corrêa do Lago strahlen Handschriften große Faszination aus. Im Laufe von vielen Jahrzehnten hat er eine der umfangreichsten Autografensammlungen der Welt zusammengetragen. Sie umfasst heute über einhunderttausend Handschriften berühmter Persönlichkeiten aus neun Jahrhunderten. Handschriftliche Spuren, die ein Mensch hinterlassen hat, zugleich Zeugnisse der Zeit, in der sie geschrieben wurden. Es sind Briefe, Notizen, Seiten aus Tagebüchern, Partituren, signierte Fotografien, Manuskripte und gewidmete Exemplare. Darunter ein Pergament aus dem Mittelalter, unterzeichnet von vier Päpsten – und eine Buchwidmung einschließlich eines Daumenabdrucks von Stephen Hawking aus dem Jahr 2006. Der TASCHEN VERLAG hat 140 Dokumente von Menschen aus Politik, Literatur, Kunst, Philosophie, Musik und Wissenschaft ausgewählt und daraus das Buch THE MAGIC OF HANDWRITING gemacht. Es sind Schriften von Menschen, die ihren Platz in der Geschichte haben und nicht dem Schicksal des Vergessens zum Opfer fielen. Briefe von Lucrezia Borgia, Vincent van Gogh, Franz Kafka und Emily Dickinson, kommentierte Skizzen von Michelangelo, Jean Cocteau, Henri Matisse und Jackson Pollock, signierte Fotografien von Oscar Wilde, Rasputin, Emiliano Zapata, Sun Yat-sen, Josephine Baker und Allen Ginsberg, Handschriften von Giacomo Puccini, Jorge Luis Borges und Marcel Proust und viele Zeitzeugnisse mehr, darunter auch ein signierter Handabdruck von Antoine de Saint-Exupéry. Sie dokumentieren und ermöglichen zugleich Zugang zu einer privaten und intimen Welt ihrer Verfasser.
Die Informationen zum Buch:
Die Autorin: Christine Nelson is the Drue Heinz Curator of Literary and Historical Manuscripts at the Morgan Library & Museum. She is the author of The Brontës: A Family Writes and Drawing Babar: Early Drafts and Watercolors and has curated major exhibitions on the work of Henry David Thoreau, Charlotte Brontë, Robert Burns, Oscar Wilde, Antoine de Saint-Exupéry, and Voltaire.
From the collection of Pedro Corrêa do Lago ist ein brasilianischer Kunsthistoriker und Kurator, der eine der weltweit größten Privatsammlungen handschriftlicher Briefe und Dokumente aufgebaut hat. Er ist Verfasser von mehr als 20 Büchern über Handschriften und brasilianische Kunst und war von 2003 bis 2005 Direktor der Nationalbibliothek Brasiliens. Zusammen mit seiner Ehefrau Bia gründete er 2002 Capivara, einen Kunstverlag, der sich auf die Werkverzeichnisse von in Brasilien aktiven Künstlern spezialisiert hat. Corrêa do Lago hat mehrere Ausstellungen kuratiert und ein illustriertes Buch zu seiner Sammelleidenschaft mit dem Titel Schriftstücke (2005) veröffentlicht.
Der Herausgeber, Julius Wiedemann studierte Grafikdesign und Marketing und arbeitete in Tokio als Kunstredakteur für digitale Medien und Designmagazine. Zu seinen TASCHEN-Titeln zählen Illustration Now!, Logo Design, Jazz Covers und Information Graphics.
Der Beitragende: Das im Herzen der Stadt New York gelegene Morgan Library & Museum entstand aus der Privatbibliothek des Finanziers John Pierpont Morgan (1837–1913), einem der herausragendsten Sammler und Kulturmäzene in der Geschichte der Vereinigten Staaten. Heute ist es Museum, Forschungsbibliothek, Aufführungsort, architektonisches Wahrzeichen und eine historische Stätte, an der die bedeutendsten Handschriften aus Mittelalter und Renaissance, literarische und historische Manuskripte und Briefe, Musikhandschriften, seltene gedruckte Bücher und Einbände, Zeichnungen und antike Kunstwerke untergebracht sind.
Zauber der Schrift. Sammlung Pedro Corrêa do Lago / Christine Nelson, Pedro Corrêa do Lago, Julius Wiedemann / In Leinen gebunden, 17 x 24 cm, 464 Seiten / ISBN 978-3-8365-7438-9
Ausgabe: Englisch / Die Abbildungen mit freundlicher Genehmigung des TASCHEN Verlags.