Nein, nein, das hat nichts mit der Luftfahrt zu tun. Es geht auf andere Weise in die Höhe. Denn in Darmstadt steht ein geheimnisumwobener Turm. Niemand kann genau sagen, wie lang er schon das ist und welche Rolle er in der Vergangenheit hatte. Vermutlich war der Turm zu Anfang im 18.Jahrhundert eine künstliche Ruine, zugeordnet dem Garten des Geheimen Rats Andreas Peter von Hesse, Schwager Johann Gottfried Herder’s. Die sogenannte ‚Altenburg‘ soll als Treffpunkt des Kreises der Empfindsamen gedient haben. 1853 ließ Prinz Carl, Sohn der Großherzogin Wilhelmine, den Turmstumpf um zwei Geschosse aufstocken und einen Treppenturm anbauen. Carl soll das Bauwerk Chateau d’Espagne genannt haben, das in der Folge von einem Gartenbereich und einem Wegerondell umgeben wurde. Zu Beginn des 20.Jahrhunderts folgte eine Umgestaltung zu Wohnzwecken und die Erweiterung um einen Anbau. Es gab einen ‚Baumwärter‘ Johannes Koch, der die Anlage von 1932 bis 1942 gemietet hatte. Nach dem Krieg war das Anwesen noch bewohnt, das stand wohl im Zusammenhang mit gartenbaulicher Nutzung, nach deren Ende dann zunehmender Verfall des Gebäudes folgte. Der Geheime Rat hatte es offensichtlich mit dem Geheim recht genau genommen…
Der Titel ‚Tower an…‘ ist nicht ganz korrekt. Besser wäre ‚Tower für Darmstadt‘- aber die Überschrift sollte auf den Start eines engagierten Projekts hindeuten, das heute der Öffentlichkeit vorgestellt wurde. 2019 hat die BS Kulturstiftung den Spanischen Turm und das umliegende Gelände auf der Basis eines auf dreißig Jahre abgeschlossenen Pachtvertrags von Donatus Landgraf von Hessen übernommen und die umfassende Sanierung von Bauwerk und umliegendem Gelände eingeleitet. Der Spanische Turm soll dem historischen Vorbild entsprechend in Ort der Kunst in Damstadt werden. Wechselnde Ausstellungen sind in Planung, die insbesondere das plastische Schaffen der auf der Rosenhöhe ansässigen Neuen Künstlerkolonie wiederspiegeln. Geplant sind auch Präsentationen von Arbeiten internationaler Künstler, die der Stadt Darmstadt seit den 50er Jahren durch die Verleihung des Wilhelm-Loth-Preises verbunden sind. Für die Stadt wird diese neue Kultureinrichtung eine Steigerung der Attraktivität im Rahmen der Welterbe-Konzeption sein. In der Region wird sie kultureller Höhepunkt werden und Alleinstellungsmerkmal. Noch wird gebaut. Auftaktveranstaltung wird noch in diesem Jahr eine Ausstellung zu Ehren von Wilhelm Loth sein, dessen einhundertster Geburtstag in diesem September begangen werden wird. Dann also doch: Tower an Darmstadt, startbereit…
Der Text stützt sich auf die Ausarbeitung von Frau Bettina John-Willeke M.A. / BS Kulturstiftung, stellvertretende Vorsitzende des Stiftungsrats, Ausstellungs- und Sammlungskuratorin. Auch auf die visuelle Unterstützung durch Herrn René Antonoff, der den Baufortschritt mit seinen Bildern dokumentiert.