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SAGT EIN DENKMAL AUCH DENK MAL …?

Ein Denkmal ist ein Monument, das an eine Person, an eine Sache oder ein historisches Ereignis erinnert. Man maß ihm auch die Aufgabe zu, die Jugend zu bilden und zu erziehen. Zum Nachdenken regt die Frage nach dem ungegenständlichen Denkmal an, seiner Sprachfähigkeit gegenüber dem plastischen, errichteten Werk. Hat das visuell als plastisch und physisch Erfassbare höhere Wirksamkeit in der gesellschaftlichen Wahrnehmung als das Ungegenständliche? Oder ist der zeitliche Wirkungsrahmen des Nicht-Gegenständlichen notwendiger Vorlauf für das Errichten eines sichtbaren Erinnerungszeichens? Man kann darüber nachdenken. Näherliegend dann, wenn ein Ereignis von Bedeutung der Auslöser ist: NEUES BAUHAUS EUROPA. Gedacht als interdisziplinäres Zusammenwirken gestaltend arbeitender Menschen mit dem Ziel, etwas Neues und zukünftig Wertvolles zu entwerfen. Naheliegender Anhaltspunkt ist das zur Legende gewordene und trotzdem mit Kritik zu hinterfragende Bauhaus, verbunden damit Walter Gropius. Ziel war, neue Ansätze des Zusammenlebens einer sich verändernden Gesellschaft zu entwickeln. Wenn das auch heute als solitäre Bewegung gesehen wird, auf der Suche nach den historischen Entwicklungen findet sich Bemerkenswertes. NEUES BAUHAUS EUROPA/ MATHILDENHÖHE DARMSTADT

Großherzog Ernst Ludwig lud 1899 sieben junge Künstler des Jugendstils auf die Mathildenhöhe in Darmstadt ein. Das war die Geburtsstunde der Darmstädter Künstlerkolonie, die bis 1914 bestand. Dort entstand auf dem ‚Musenhügel‘ ein Dokument (Denkmal?) neuzeitlicher Bau- und Wohnformen. Intention des kunstsinnigen Großherzog Ernst Ludwig war, das hessische Kunstgewerbe zu stützen. Im Laufe ihres Bestehens gehörten 23 Künstler zu den auserwählten Gestaltern des Neuen jener Zeit. Vier Ausstellungen zeigten bis 1914 zukunftsweisende Bauten, komplett mit Mobiliar bis Geschirr ausgestattet. Eingebettet in eine Parkanlage mit Skulpturen, Brunnen und Garten­pavillons. Vom Haus bis zum Garten inszenierten die Künstler begehbare Lebenswelten als ästhetische Gesamt­kunstwerke. (Dieser Link führt zur Beschreibung ‚Mathildenhöhe/Darmstadt). Heute bewertet als eine entscheidende Manifestation der künstlerischen und kulturellen Umbruchszeit vor 1914/1918. Gustav Adolf Platz beschrieb es in „Die Baukunst der neuesten Zeit“ so: „An der Schwelle des zwanzigsten Jahrhunderts steht in Deutschland das Dokument Deutscher Kunst, die Gründung der Künstlerkolonie Darmstadt durch den Großherzog Ernst Ludwig von Hessen, Männer, wie Peter Behrens, Josef Maria Olbrich, die Plastiker Rudolf Bosselt und Ludwig Habich, die Graphiker Christiansen, Bürck und Cissarz, realisieren hier im Rahmen der Baukunst-Ausstellung 1901 ein kühnes Programm, das die völlige Erneuerung der bildenden Künste unter der Führung der Baukunst einleitet.“ Interessante Stichworte: Völlige Erneuerung der bildenden Künste und ‚unter Führung der Baukunst‘.

NEUES BAUHAUS EUROPA/ MATHILDENHÖHE DARMSTADT
Platanenhain auf der Mathildenhöhe…

Eine Manifestation des Führungsanspruchs der Baukunst, die sich auch in Gropius‘ Bauhausmanifest von 1919 findet. In seiner Zeit und in Darmstadt führender Architekt und Künstler war Joseph Maria Olbrich der Spiritus Rector. ‚Stürmisches Verlangen nach einer neuen Einheit von Kunst und Leben, Natur und Wohnkultur, Landschaft und Siedlung‘ sollte sich rasch erfüllen. Im Sinne des Großherzog war Kunst auch als Wirtschaftsfaktor eingeordnet. Olbrich starb 1908. Peter Behrens wurde in der Folge neuer Spiritus Rector der nächsten Generation von Gropius zu Mies van der Rohe. BAUHAUS ‚alt‘ übernahm Intention und Bewegung. Wird NEUES BAUHAUS EUROPA anhand dieser Beispiele eine weitere Welle formaler Regulierungen für ein aktuelles Zeichen der Erneuerung und Auslöser für weitere Monumente? Oder ergreift ‚BAUHAUS NEU‘ die Chance, das Ungegenständliche und unerhört Wichtige dieser Zeit in Angriff zu nehmen? Ein neues inhaltliches Gebäude für Europa zu errichten, neue Wege zu suchen statt sie in Beton zu verewigen? Das wäre die Herausforderung für das aktuelle Projekt: Zu verfolgen und zu verwirklichen, was die zurückliegenden Projekte nicht erreicht haben.   NEUES BAUHAUS EUROPA/ MATHILDENHÖHE DARMSTADT

Als Denkmal auf diesem Weg sollte der Mathildenhöhe gebührende Ehre erwiesen werden. Zu hoffen ist, dass das Ensemble zum Weltkulturerbe ernannt werden wird. Als Ergänzung der Hinweis auf den mehrfach beschriebenen Spanischen Turm. Er steht in Sichtweite der Mathildenhöhe. Und er soll im Sinne der Förderer des Projekts Wegmarke für Interdisziplinäres sein…

Fotos mit freundlicher Erlaubnis von Herrn René Antonoff