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MCBW 2020 / SOCIAL PAVILION / PART 3…

Dieser Beitrag braucht ein Vorwort! In den zwei vorangegangenen hat sich Nachlässigkeit unsererseits eingeschlichen. Aus dem PAVILION wurde ein schnöder PAVILLON. Hierfür die Bitte um Nachsicht. Inhaltlich ist nichts passiert. Beide Begriffe meinen das Selbe: Ein überdachtes, meist rundum offenes oder zu öffnendes Bauwerk. Der Grundriss ist häufig kreisförmig oder nähert sich der Kreisform an, d. h. Pavilions bzw. Pavillons haben oft die Form eines regelmäßigen Vielecks, einer Ellipse, eines Rechtecks, dessen Seitenlängen wenig voneinander abweichen, oder einer anderen Form des Zentralbaus. Die Grundrissform ist oft punktsymmetrisch.Diese Eigenschaft wird oft durch Walm-, Kegel-, Kuppel- oder Pyramidendächer oder durch umlaufende Gesimse betont. So steht’s in Wikipedia…

Die Ausstellung SOCIAL PAVILION an der Fakultät für Design der Hochschule München sollte zwischen dem 11. und 15. März die Vielfalt des Arbeitsfeldes „Sozialer Wandel und transformative Prozesse“ visualisieren und diskutieren. Alles war vorbereitet. Covid-19 hat die Pläne umgeworfen. Neuer Plan: Kapitel für Kapitel stellen wir eine Auswahl der Ausstellungsbeiträge vor, die sich mit der Aufgabe von Design im Kontext von Globalisierung, Digitalisierung und klimatische Veränderungen auseinandersetzen.

Die Arbeiten thematisieren verschiedene Ansätze und Fragestellungen: Welche Kompetenzen werden Designer*innen bei den großen Transformationsaufgaben zugestanden? Welche Rolle spielen dabei neue Materialien, neue Technologien, neue Bildwelten, neue Ästhetiken, ein neues Bewusstsein oder veränderte Handlungsmuster? Und welche Verantwortung kommt dem Design im Zeitalter von Globalisierung und Digitalisierung zu? Design kann als Schnittstellendisziplin zukünftige Transformationsprozesse gestalten und damit einen bedeutenden Beitrag zu den Herausforderungen und Transformationsaufgaben unserer Zeit leisten. Wiedergegeben werden die Originaltexte.

CLUSTER Ökonomischer Wandel & nachhaltiges Wirtschaften | Auswahl

MCBW 2020, Social Pavilion, Ausstellung der Fakultät für Design der Hochschule München
David Freudenthal / Carbon Card…

DAVID FREUDENTHAL: CARBON CARD – GOODBYE CO2

Kann ich mit gestalterischen Mitteln und neuen, digitalen Produkten die Reflexion über den ökologischen Fußabdruck und das individuelle Umweltverhalten anregen?

Sollten wir nicht über die Reglementierung des CO2-Ausstoßes auf individueller Basis nachdenken, wenn die staatlichen Klimaschutzmaßnahmen nicht ausreichen? Ausgehend von dieser Fragestellung thematisiert David Freudenthal mit einer Fake-Werbeaktion die Reduktion von CO2-Emissionen, indem er das fiktive Produkt „carbon card“ bewirbt. Ziel ist die Reflexion des individuellen Umweltverhaltens, das Anregen von Diskussionen und eine Schärfung des Umweltbewusstseins des Einzelnen. Hierzu entwickelt er die gesamte Kommunikationskampagne für die „carbon card“ – inklusive Corporate Design, Flyer, Roll-Up, Internetauftritt und App-Entwurf.

MCBW 2020, Social Pavilion, Ausstellung der Fakultät für Design der Hochschule München
Ferdinand Krämer, Franziskus Wozniak / Neolign_1 / Foto ©KozyStudio Berlin

 

 

 

FERDINAND KRÄMER, FRANZISKUS WOZNIAK: NEOLIGN

Können wir mit der Gestaltung neuer Materialien einen Beitrag zu einem bewussteren Umgang mit Ressourcen leisten und nachhaltige Produktkreisläufe initiieren?

Die Vision von WYE ist es, nachhaltige und innovative Eco-Konzepte in die Wohnzimmer aller Menschen zu bringen. Mit WYE (sprich: why) haben Ferdinand Krämer und Franziskus Wozniak eine Marke kreiert, die neue ökologische Maßstäbe setzt mit hohem Anspruch an Design und Qualität zu bezahlbaren Preisen. Hierfür haben sie den Holzwerkstoff Neolign entwickelt, aus dem hochwertige, und nachhaltige Möbel entstehen, die jedem Zuhause einen besonderen Charakter verleihen.

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Ferdinand Krämer, Franziskus Wozniak / Neolign_2 / Foto ©KozyStudio Berlin

 

Für den neuartigen Holzwerkstoff „Neolign“ wird kein einziger Baum gefällt. Neolign ist ein durchgefärbter Holzwerkstoff, der zu 85 Prozent aus Holzindustrieabfällen und 15 Prozent Polymeren besteht. Er lässt sich thermisch verformen und kann in industriellen Verfahren wie z.B. Extrusion, Spritzguss oder 3D-Druck eigesetzt werden. Das hat den entscheidenden Vorteil, dass die Produkte re-granuliert und erneut in Form gebracht werden können. WYE geht noch einen Schritt weiter und bietet einen besonderen Cradle-to-Cradle Rückführungs-Kreislauf an, bei dem die Produkte zu 100% wiederverwertet werden: Der Kunde erhält bei Rückgabe der Produkte eine Gutschrift, und das Neolign kann so von WYE direkt zu neuen Kreationen wiederverarbeitet werden. Charakteristisch für das preisgekrönte Design sind die abgeschrägten Flächen sowie eine auffällige Farbgebung. Entwickelt wurde der innovative und nachhaltige Werkstoff vom Industriedesigner Ferdinand Krämer, Alumnus der Hochschule München, und Franziskus Wozniak. Gemeinsam haben sie 2019 das Studio WYE gegründet. Unterstützt werden sie vom Strascheg Center for Entrepreneurship der Hochschule München (SCE).

MCBW 2020, Social Pavilion, Ausstellung der Fakultät für Design der Hochschule München
Tobias Trübenbacher / Inner Values…

 

 

 

 

TOBIAS TRÜBENBACHER: INNER VALUES

Wie können vermeintliche Abfallprodukte in einer Kreislaufwirtschaft eine neue Verwendung finden?

Nutztieren wurde in der Vergangenheit besondere Wertschätzung entgegengebracht. Ganz im Sinne unseres heutigen Verständnisses von Nachhaltigkeit wurden damals so gut wie alle Teile des Tieres verwertet und etwa zu Nahrung, Kleidung, Materialien oder Produkten weiterverarbeitet – von den Hufen über die Knochen bis hin zur Zunge. Innerhalb der letzten Jahrzehnte sind die Preise für tierische Produkte jedoch so stark gesunken, dass nur noch die schmackhaftesten und am leichtesten zu verwertenden Teile eines Tieres tatsächlich genutzt werden. Gegenwärtig wird in Deutschland weniger als die Hälfte eines geschlachteten Tieres weiterverarbeitet. Der Rest landet unmittelbar bei der Tierkörperverwertung und damit praktisch in der Mülltonne. Anfallende Nebenprodukte einer Schlachtung, wie etwa Innereien, werden in unserer Gesellschaft zunehmend als abstoßend und minderwertig wahrgenommen. Doch sind solche „Nebenprodukte“ wirklich nichts weiter als Müll? Ist unsere ablehnende Haltung gegenüber diesen Produkten begründet oder legitim? Oder sollten wir, wenn wir denn schon ein Tier töten müssen, nicht stattdessen auch all seine Ressourcen nutzen und würdigen?

MCBW 2020, Social Pavilion, Ausstellung der Fakultät für Design der Hochschule München
Tobias Trübenbacher / Inner Values…

 

Basierend auf diesen Fragen entstand das Projekt INNER VALUES: zwei Sitzmöbel aus dem Leder gegerbter Kuhdärme und aus Schweineblasen. Das vormalig negative Image der Materialien wird dabei durch gegenteilige Werte ersetzt. Die Stoffe avancieren zu etwas Schönem, Weichem und Wertvollem, auf dem man sich gerne niederlässt. Die Bänke offenbaren das hohe funktionale wie auch ästhetische Potenzial der vermeintlichen Abfallprodukte und enthüllen dadurch die Absurdität unserer unreflektierten Abfallkultur.

Die Rechte liegen bei den Autoren. Visuals und Texte wurden von der Fakultät für Design der Hochschule München / Munich University of Applied Sciences zur Verfügung gestellt.