Ein Foto von den Noten zeigt auch Musik. Das Portrait eines Musikers, eine Momentaufnahme. Instrumente für ein Bild arrangiert bestätigen das Mögliche. Inszenierungen liefern Gebrauchsanweisungen für Wünschbares oder Hilfloses. Vielleicht löst das ein Echo aus. Nur hören lassen sich solche Bilder nicht. Unsinn? Warum nicht. Aber warum kann Musik Bilder beschreiben, Erinnerungen und Phantasie wecken? Warum sollte sich dann ein Bild nicht von der Wirklichkeit lösen können und zu hörbarer Komposition werden? Warum sollte nicht das momentan Dokumentarische ein Schritt hin zum Übergang in das Gesamte sein? Das geht nicht? Weil jede Kunstform das Recht auf ihre solitäre Autonomie beansprucht und aus Kongenialität Handlungen in konsekutiver Abhängigkeit werden lässt? Kann Musik sichtbar sein- und Bilder hörbar? Mit Glück finden sich Künstler, die Mut und Souveränität so zu teilen in der Lage sind, das das Ganze in jedem seiner Teile erfassbar ist. Depeche Mode und Anton Corbijn haben das erreicht. Die Musik und ihre Bilder haben Depeche Mode und den Bildkünstler 2020 in die Rock and Roll Hall of Fame gebracht.
Der TASCHEN Verlag hat das zum Anlass für eine Collector’s Edtion genommen (der Link führt zu dem Beitrag). Sie war eine der am schnellsten verkauften Editions überhaupt. Warum sollten die Geschichte von hörbaren Bildern oder sichtbarer Musik aber in den Grenzen einer limitierten Auflage bleiben? Antwort: DEPECHE MODE BY ANTON CORBIYN. Sehenswert auch, weil darin ein Fotograf gezeigt wird, der seine Bilder nicht im vordergründigen Luxus von Erfolg ertrinken ließ. Er dokumentierte keine Inszenierungen, sondern nahm meist allein mit minimalem Aufwand Momente des Zusammenseins auf. Sehenswert, wohl einmalig. Essenziell und authentisch, pur. Heute ein Kontrapunkt zu inszenierter visueller Belanglosigkeit und Beliebigkeit.
Zitat Dave Gahan: „Anton war in der Lage, dem DM-Sound, den wir zu kreieren begannen, eine visuelle Identität zu geben.“ Informationen zum Buch vom TASCHEN Verlag: Der Band enthält über 500, zum Teil noch unveröffentlichte Fotos aus Corbijns umfangreichem Archiv, darunter sowohl offizielle als auch privatere Bandporträts, aufgenommen in Madrid, Hamburg, der Wüste in Kalifornien, Prag oder Marrakesch (viele Fotos entstanden während der Dreharbeiten zu ikonischen Videos wie „Enjoy The Silence“ oder „Personal Jesus“); dazu eine Vielzahl von spontanen, ungestellten Bildern und atemtemberaubende Live-Aufnahmen von sämtlichen Tourneen seit 1988. Zusätzlich zu den Fotos enthält der Band Skizzen und Entwürfe für Bühnenbilder und Albumcover, handschriftliche Anmerkungen Corbijns, die den Leser mitten hinein in die Dreharbeiten versetzen, sowie ein ausführliches Interview mit dem niederländischen Meister.
Entstanden in enger Zusammenarbeit mit der Band gewährt Depeche Mode by Anton Corbijn (81-18) eine Vielzahl von Einblicken in die Arbeit mit Corbijn und zeigt auf eindrucksvolle Weise, wie die einzigartige Ästhetik eines Mannes, von dem sämtliche Fotografien, die meisten Musikvideos, Albumcover und Setdesigns stammen, die anhaltende Popularität der Band prägten. In der Einleitung erinnert sich Corbijn an seine vielschichtige Rolle bei Depeche Mode: „Vieles hing von mir ab. Ich wollte einfach der Richtige für sie sein, für sie mitdenken und aus mir das Allerbeste herausholen.“ Der Band zeugt von der Tiefe und Breite dieser Großartigkeit und feiert eine der kreativsten und beständigsten Kooperationen der Musikgeschichte.
Der Fotograf: Anton Corbijn (Jg. 1955), der niederländische Fotograf, Videograf und Filmregisseur ist hauptsächlich für seine wegweisende Arbeit mit Rockbands bekannt: Für Hunderte von Künstlern, darunter Joy Division, Depeche Mode, U2, Nirvana und The Rolling Stones, hat er Musikvideos, Plattencover und PR-Fotos aufgenommen. Seine zumeist schwarz-weißen Bilder erinnern oft an Filmstandbilder. 2010 wurden seine Porträts von Menschen aus den Bereichen Musik, Kunst und Mode ausgestellt und in dem Buch Inwards and Outwards kompiliert. Corbijn lebt heute in Den Haag, verbrachte aber über 30 Jahre seines Lebens in London.
Der Herausgeber: Reuel Golden, ehemaliger Chefredakteur des British Journal of Photography, ist Editor für Fotografie bei TASCHEN. Für TASCHEN hat er unter anderem die Titel Mick Rock: The Rise of David Bowie, die Bände zu London und New York aus der Reihe Porträt einer Stadt, Andy Warhol. Polaroids, The Rolling Stones, Her Majesty, The Beautiful Game. Fußball in den 1970ern, die Bildbände zu National Geographic sowie den David Bailey SUMO herausgegeben.
Depeche Mode by Anton Corbijn / Anton Corbijn, Reuel Golden / Hardcover, 24,3 x 34 cm, 3,67 kg, 512 Seiten / ISBN 978-3-8365-8670-2 (Deutsch, Englisch, Französisch)
Für diesen Bericht hat der TASCHEN Verlag die gezeigten Visuals bereitgestellt. Mitsingen beim Ansehen ist möglich und mit Freude unterstützt. Mitnehmen der gezeigten Bilder durch Kopieren und Herunterladen, gleich zu welchem Zweck, ist nicht nur unerwünscht oder Anlass zu Dissonanzen. Es ist zum Schutz der Rechte der Urheber klar untersagt.