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KOMMT JETZT DAS GEWITTER….

…oder nicht? Es wird kommen. Soweit besteht Einigkeit. Leider aber Einigkeit auch darüber, dass es ja auch irgendwie anders sein könne und deshalb nach wie vor darüber gesprochen werden kann oder muss, wie der schützende Regenschirm richtigerweise zu konstruieren ist und natürlich auch darüber wer ihn aufspannen und halten soll. Die Rede ist vom Klimawandel. Nicht unter dem Aspekt, dass er irgendwann stattfinden könnte. Sondern der Tatsache Rechnung tragend, dass er schon längst eingetreten ist. Die Situation seit geraumer Zeit wirkt wie die Szenen in Fellini’s Schiff der Träume. Die Menschen an Bord handeln nach ihren Ritualen, obwohl die Bedrohung am Horizont zu erkennen ist. Die Lage im Film ist unausweichlich. Übertragen auf die Realität ist als gegeben hinzunehmen, dass Veränderungen im Gang sind. Auch, dass die Veränderungen in engem Zusammenhang mit menschlichem Handeln stehen. Wenn aber das Handeln zu den Veränderungen beitrug, dürfte/sollte die Intelligenz der Spezies Mensch in der Lage sein, das bisherige Handeln zu analysieren und die dem entsprechenden Konsequenzen daraus ziehen. Im Kern drehte es sich genau um diesen Punkt bei der IONICA 2019 in Zell am See. Europas größter Green Event, so die Positionierung der in Reden und Erleben aufgeteilten Veranstaltung an einem der schönsten Plätze Europas. Hier lässt sich beispielhaft das Gleichgewicht zwischen Natur und menschlichem Handeln ermessen.

Die rituellen Abläufe solcher Veranstaltungen ähneln sich.  Mögliches wird vorgestellt, tendenziell noch immer unter dem Aspekt von Pionierleistung. Institutionen und Gruppierungen tragen vor, was getan wird oder getan werden kann. Was ein Umschwenken auf Veränderungen von Technik oder Verhalten, in der Regel geht es um Beides, bewirken könnte- und in welcher regulatorischer Form Instanzen hierfür Belohnung in Aussicht stellen. Hier beginnt es mit dem Unverständnis. Herr Kurt Sigl vom Bundesverband eMobilität in Berlin hat es zusammengefasst: Handelt- und hört mit dem endlosen Gerede auf. Das Thema seines Vortrags war Mikromobilität im urbanen Raum & letzte Meile. Das soll jetzt mal so stehenbleiben.

Early Bird…

Irgendwie muss ein Anfang gemacht werden. Auch das wiederholt sich in den Vorträgen. Und es ist gut, dass solche Anfänge auch wirklich stattfinden. Kaum erträglich ist dabei, dass über wie viele Jahre(?) bisher das inhaltsgleiche Mantra vom Anfang vorgetragen wird. Und auch in 2019 wieder ein Anfang gemacht werden kann oder soll. Die relative Dynamik, um nicht von absoluter Verschleppung oder Verdrängung zu sprechen, in einem Beispiel: Von rund siebzig Gemeinden in Österreich war die Rede, die die eine oder andere Umwelt-Maßnahme in Angriff nähmen. Siebzig von zweitausend-und-sechsundneunzig. In Stufe eins leitet das zu rätselhaftem Beharrungsverhalten über. Frau Dr.Sophie Karmasin, frühere Bundesministerin für Familien und Jugend der Republik Österreich, trug Aspekte aus der Forschung ihres Institutes (Karmasin/Research&Identity) zur Psychologie der E-Mobilität vor. Menschen seien getriebene Wesen. Freud, traditionell gern zitiert unter Vernachlässigung dessen was ihm anzutragen ist, beschreibt den Menschen als Spielball von Wünschen und Sehnsüchten. Dieser Mensch entscheidet intuitiv und irrational. Hilfreich dabei die Orientierung an sozialen Normen. Wohl gleichzusetzen mit Orientierung an mehrheitlichem Verhalten. Im Ranking der akzeptierten Handlungen vorn die gelbe Tonne. Ganz links unten auf dem Diagramm, nah am Nirwana des Bedeutungslosen die eMobilität. Im Zusammenhang mit den Vorträgen über Förderungen und Finanzierungen als Anreize die knappe und vernichtende Analyse: Mit Geld erreicht man so gut wie nichts. Denn vorherrschend ist die Loss Aversion. Angst vor dem Verlust überdeckt die Freude auf den Gewinn. Sollte es also so sein, dass der Wille zum sachlichen und gedanklichen Umsteigen vom Primat sozialer Normierung überlagert wird? Wenn die bekannten und die eMobilität behindernden Faktoren addiert werden, dürfte es noch lang, sehr lang dauern, bis die gelbe Tonne ihren Spitzenplatz zu Gunsten der eMobility räumt.

In Zell am See…

Daraus ließen sich Schlüsse ziehen. Im Moment zur Abrundung des Gesamtbildes: Auch Politiker und Beamte sind Menschen (wie vorher beschrieben), nicht fehlerlos und sozialer Normierung unterworfen oder entschlossen, das ihnen Genehme zu nutzen oder durchzusetzen. Vordenker werden auf dem Altar des sozial Akzeptierten geopfert, temporär zu Säulenheiligen erhoben oder nach den Regeln des Kapitals an den ihnen zugedachten Platz verwiesen- ganz, ganz weit hinten. Künstliche Intelligenz als propagierter Ausweg und derzeit als heilsbringende Religion ins Feld geführt hat eine schicksalhafte Schnittstelle: Sie kann schwerlich intelligenter sein als der, der die Algorithmen programmiert. So weit ist das dann wiederum nicht von Herrn Dr.Freud entfernt. Es wäre also wünschenswert, dass der Homo Sapiens nicht in Horden allseits gewohnten Normen hinterher rennt, sondern die natural intelliegnce nutzt. Es wird sehr, sehr eng werden, wenn das Notwendige und Mögliche weiterhin an Beharrlichkeit, Regulierung und Verhindern scheitert. Ist es nicht so, dass der Klimawandel in den prognostizierten Auswirkungen keine Rücksicht auf Meinung, Parteizugehörigkeit, soziale Status etc. nehmen wird? Und ist es nicht so, dass der Staat nicht eine gewinnorientierte isolierte Maschinerie ist, sondern die Versammlung seiner Bürger? Ist es nicht eigenartig, dass nach dem Staat gerufen wird, wo doch im Idealbild jeder Einzelne Sorge für das Gemeinwohl zu tragen hätte? Koordiniert von den hierfür Ausgewählten? Es ist abzusehen, dass es nicht mehr in jeder Hinsicht um Billig oder Teuer gehen wird, sondern um fundamentale Werte. Das Reden und Warten wird eine unerhörte Rechnung zur Folge haben.

Provokativ und an sich deplaziert, passend zur romantischen Umgebung des IONICA Kongress-Ortes der Schluss: Die Kuh lässt sich nicht mehr melken, wenn die Wiesen absterben. Alternativ: Verzicht auf Pessimismus und Fordern, ersetzt durch gemeinsames Forschen und Entdecken, wird Lösungen bringen. ENJOY your future….