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IM MITTELPUNKT DER MENSCH…

Worum sonst sollte es gehen? Fragen allerdings kann nicht schaden, nachdem in der letzten Zeit in den diffusen Zukunftsperspektiven ein Claim betont wird: ‚Für uns steht der Mensch im Mittelpunkt‘. Oberflächlich das so-gut-wie-fast-alles-wissende Internet durchforschend, entsteht das Gefühl, dass es mehr Mittelpunkte als Menschen zu geben scheint, in denen derselbe stehen kann, will, soll oder darf. Verborgen vielleicht die simple Frage, was denn bisher der Mittelpunkt gewesen sein soll. So richtig falsch ist der inflationär gebrauchte Satz ja nicht, denn irgendwie wird es immer ein Mensch gewesen sein, der im Mittelpunkt stand. Nur ist die Geschichte voll von Beispielen derer, die Umstehende waren und nicht Mittelpunkt sein konnten oder durften. Oder der beliebigen Interpretation von ‚Mittelpunkt‘ zum Opfer fielen. In der Annahme bester Absicht bei der Marketing-Intonierung von ‚Mensch im Mittelpunkt, jetzt‘ könnte ein ‚ja endlich‘ erster Gedanke sein. Gefolgt vom zweiten mit der Frage, was denn bittesehr bisher der Fokus gewesen sein soll.   Aktueller Marketing-Hype: Der Mensch im Mittelpunkt...

Zahlreiche der Mensch-in-der-Mitte Bekundungen sind mit Leonardo da Vinci’s Skizze des Vitruvianischen Menschen illustriert. Das sieht beeindruckend aus und wirkt auf den ersten Blick ja auch recht zentriert. Da ging es aber um die Illustration von Proportionsvorstellungen. Eher nicht um die Darstellung des Menschen als die Mitte. Protagoras, antiker griechischer Philosoph und zu den bedeutendsten Sophisten gezählt, wird dieser Satz zugeschrieben: „Der Mensch ist das Maß aller Dinge, der seienden, dass sie sind, der nichtseienden, dass sie nicht sind.“ Dieser Satz ist bei Platon überliefert, ebenso seine Interpretation: „Nicht wahr, er meint dies so: Wie ein jedes Ding mir erscheint, ein solches ist es auch mir, und wie es dir erscheint, ein solches ist es wiederum dir. Es wäre dann aber schwer, auch nur die Behauptung aufzustellen, dass es sich bei einem Wind um einen kalten handle, da er dem einen möglicherweise kalt erscheine, der andere ihn als warm wahrnehme.“ Und auch eine allgemein gültige Definition von Gerechtigkeit wäre schwer zu geben: „Wie einer jeden Stadt Gerechtes und Gutes scheint, so ist es für sie, solange sie davon überzeugt ist.“ Danach wären die Dinge so, wie sie dem Menschen erscheinen. Das ist schon recht nah am Marketing. Da es hier am Ende um Ökonomie geht, zum Schluss die Position des Ökonomen Leopold Kohr. Der einzelne Mensch sei das Maß aller Dinge. Nicht die Nation, die Ethnie, die Partei, das Universum, die Zeit usw. Deshalb sollten alle politischen, wirtschaftlichen und sozialen Unternehmungen des Menschen dieses Maß „der einzelne Mensch“ im Auge behalten, da sie sonst in Maßlosigkeit ausufern würden.

Da steht der Mensch nun in dieser Zeit und wohl schon immer in seiner oder einer Mitte herum und wartet auf Erkenntnis. In der Werbung für Mobilien stehen mittlerweile Menschen v o r denselben…

Auf dem Titelfoto steht Ettore Sottsass in der Mitte auf der Piazza del Duomo in Mailand (die rote Umrandung wurde nachträglich eingefügt).