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HEISS UND KALT / DAS MERCEDES ‚ENTROPIE IMPULS‘ CONCEPT…

Letztes Kapitel der Reihe MERCEDES SALZFIEBER. Entwickelt unter der Leitung von Professor Dr.Othmar Wickenheiser von den Studenten das Fachbereichs Transportation Design an der Universität für angewandte Wissenschaften in München. Das Entropie Impuls Concept von Benjamin Wiedling. Der Text von Prof.Dr.Wickenheiser.

Die Funktionsweise des Mercedes „Entropie Impuls“ basiert auf der Hypothese, dass allein schon zwischen zwei statischen Körpern unterschiedlicher Temperatur ein Übergang der „mengenartigen Größe“ vom wärmeren zum kälteren „Polelement“ stattfindet und somit eine potentielle Energie im System ungerichtet gespeichert ist. Beschleunigt man dieses statische System der Entropie in eine Zielrichtung wirkt der Austausch der in einem Volumen erhaltenen Dichte und die Rate, mit welcher diese Größe durch eine Systemgrenze dringt, darüber hinaus mit einer dynamischen Komponente, also als vektorielle Größe mit kinetischer Energie. Mit diesem zusätzlichen Impuls steht die einzigartige Konzeptstudie in den Startlöchern auf dem Weg zur Höchstgeschwindigkeits-Weltrekordfahrt. Nicht nur funktional sind die glühend heiße Front und das eiskalte Heck mit einem deutlichen Abstand voneinander getrennt und physisch nur durch die beiden seitlichen Antriebsstränge miteinander verbunden. Während der Fahrt bildet sich eine Blase aus extrem heißer Luft, die sich tropfenförmig um das Fahrzeug legt, da diese von der kalten Heckfläche gleichsam angezogen wird und einerseits von vorne mit der Hitze die Luftdichte und somit den Reibungswiderstand senkt und andererseits mit der Kälte hinten die aerodynamisch ungewollte Wirbelbildung verhindert.

Formal sollen sich die temperaturseitig diametral gegenüberliegenden Hitze- und Kältebereiche aber nicht als bezugslos unabhängige Inselelemente voneinander komplett abgrenzen. Daher wurden diese Gegenpole zwar bewusst sowohl in Materialanmut und Struktur sowie in Durchbrechungs-, Ordnungs- und Glanzgrad semantisch korrekt differenziert gestaltet.

Im Heck herrscht gegenüber der softeren Buggestaltung die straffe Stringenz gestreckt kohärenter Flächen mit scharfen Kanten vor. Das Vollvolumen ist dabei ebenfalls geschlitzt, aber tritt nunmehr mit horizontalen Teilungsebenen auf, welche auf der Deckfläche mit einer metallisch glänzenden Vollverkleidung überspannt werden. Das darunterliegende Lamellenpaket grenzt von innen an die beiden Endstücke der Antriebsstränge. Die Luft, die durch den inneren Tunnel des Fahrzeugs im Heck wieder austritt, sowie die restliche aufgeheizte Umgebungsluft wird an diesem Kühlplattenstapel mithilfe von flüssigem Stickstoff aus hinter der Fahrerkapsel gelagerten Tanks während der Rekordfahrt auf bis zu -196 Grad Celsius schlagartig schockgefrostet.

Dieser pointierte Heckabschluss bildet nämlich das Pendant zu der ebenfalls im Frontvolumen additiv aufgebrachten, scharf angeschliffenen Flügelprofilebene. Ohne eine greifbar echte Verbindung spannen diese beiden, tatsächlich voneinander getrennten Elemente trotzdem in unserer Wahrnehmung eine nach hinten leicht degressive imaginäre Bezugslinie auf, die den visuellen Kontext zwischen Distanz und Nähe als durchgängige Designthematik beim Mercedes „Entropie Impuls“ eindrucksvoll und konsequent unter Beweis stellt.