Zum Inhalt springen

Heast as net…..

Was macht man, wenn man Ziele erreicht hat und Erfolg hatte? Ausruhen und genießen? Das tun, was man immer schon tun wollte? Oder setzt man Erfahrung, Wissen und Kraft dafür ein, dass junge Menschen ihren Weg in die Zukunft finden? Ohne viel ‚Trara’ – dafür mit Passion und großem Engagement. So wie es Christoph Karrasch gemacht hat. Er war der führende Kopf bei Realtime Technology AG, hat die Firma aufgebaut und mit gut 700 Mitarbeitern zum Welt-Unternehmen für 3D-Visualisierung gemacht. Mehr dazu im folgenden Beitrag von Elfriede Gerdenits aus Wien.

Aktueller Anlass für diesen Report ist das Finale des Projekts DAYS OF ART. Gut 100 Schüler aus der Region Traunstein waren dabei. Aufgeteilt in die Disziplinen Poetry-Slam, Theater, Bands und Bild (Malerei, Grafik, Computer-Art und Fotografie). Zwar ging es auch um erste Preise in den Wettbewerben. ‚Gewonnen’ haben letztlich alle, die an diesem Projekt teilgenommen haben. Denn es ging und geht um die Motivation, einen Leit-Satz von TRY-crossover zu verfolgen: ‚Deine Neugier und Deine Fantasie sind der größte Schatz, den Du im Leben hast. Darum geben wir Dir die Möglichkeit, Deine Talente zu leben.’

Muß man das mit Design verbinden? Nicht auf den ersten Blick. Legitim ist allerdings, den Begriff zu erweitern und daraus auch ein ‚Wie gestalte ich mein Leben’ zu machen. Bei der Frage hilft vielleicht ein Zitat von George Bernard Shaw: Life isn’t about finding yourself. Life is about creating yourself.

Und weil Traunstein ja recht nah an den Bergen liegt, passt ja auch etwas aus der Musik von Hubert von Goisern: Gestern wird heute und und heut ist bald morgen…

Da schließt sich dann der Kreis. Zur Headline, auch zur Vision von Christoph Karrasch. Dass wir nicht die Zeit vergehen lassen dürfen…

WD

 

ps: Nach den Bildern folgt der Beitrag von E.Gerdenits/Wien zu TRY-Crossover für das österreichische Fachmagazin ‚#ausbilden‘

Christoph Karrasch, Initiator von TRY-crossover
Damit Sie sich ein Bild machen können…
Große Auftritte auf (noch) kleiner Bühne….
Marina Plereiter, Platz 1 in der Kategorie Musik
Nur eines von allen tollen Bildern. Senta Straehuber, ‚andersrum’…

Berufsorientierung auf Bayrisch

 

Bei Try Crossover in Traunstein wird entwickelt, was die Wirtschaft so dringend braucht: Junge Menschen, die ziemlich genau wissen, was sie beruflich machen wollen. Und das aus gutem Grund. Die Geschichte beginnt mit einem Bayern, der seine Firma verkauft. Die Realtime Technology AG, Weltmarktführer bei 3D Visualisierung. Wir reden von Christoph Karrasch. Seit er nicht mehr Vorstand eines internationalen Konzerns ist, begleitet er junge Menschen auf dem Weg ins Berufsleben.

Der Hintergrund dieses eher unerwartbaren Karriereschwenks wird so beschrieben: „Meine Frau und mein Bruder waren in den Elternbeiräten der Schulen unserer Kinder aktiv. Sie störten sich daran, wie wenig für die Berufsorientierung der Jugendlichen gemacht wurde. Für mich war das nachvollziehbar. Als Unternehmer hab ich selbst ja oft genug bei Bewerbungsgesprächen erlebt, wie ahnungslos junge Menschen sind. Also haben wir das Thema in die Hand genommen.“

In die Hand genommen heißt: Karrasch gründet mit seiner Frau Cornelia die gemeinnützige Try crossover-Stiftung. Ein Projekt, das seiner Vorstellung von Berufsorientierung entspricht. Hier wird nicht an aufgehübschten Messeständen ein bisschen rumgeschraubt. Hier wird nicht bei Betriebsbesichtigungen ein wenig so getan als ob. Hier wird gearbeitet. In echt. Beispielsweise an einem VW-Bus, Baujahr 1966, den die Stiftung angekauft hat. Der VW Bulli T1 wird nicht nur restauriert, er bekam statt des früheren Vierzylinder-Boxermotors vor wenigen Tagen sogar einen Elektromotor eingesetzt. Im nächsten Schritt geht der T1 dann nach Freistadt in Oberösterreich. Dort werden bei Kreisel Electric, einer der acht Bulli-Partnerfirmen, die Batteriepacks verbaut, bevor es dann im März 2017 bei Nils Holger Moormann mit dem Innenausbau weitergeht. Ja, richtig, DER Nils Holger Moormann.

Bedenkt man, wieviele unterschiedliche Berufsbilder Jugendliche im Bulli-Projekt kennenlernen, begreift man, in welcher Dimension Berufsorientierung bei Try crossover gedacht wird. Und Bulli ist jetzt nur ein Beispiel aus vielen. Es wird Internetradio entwickelt (Partner: Rosenberger Hochfrequenz und Stefan Dettl von Radio BUH). Es wird Mode entworfen und produziert (Partner: Maloja) und es werden E-longboards konstruiert (Partner: Daxenberger). 2017 startet gemeinsam mit Adidas die Entwicklung und Produktion eines Sportschuhs. Jeder der Jugendlichen hat am Ende des Projekts seinen ganz persönlichen Adidas-Schuh. Die Frage, ob die Jungen das spannend finden, stellt sich nicht.

Begleitet werden die Projekt-Teilnehmer von Künstlern, Handwerkern, Sportlern, Wissenschaftern. Allesamt Experten, die als Vorbilder taugen, die man kennt, denen man glaubt. Karrasch nennt sie Heroes. Und das sind sie wohl auch für die Jungen, die unter deren Begleitung einzigartige Einblicke in Tätigkeiten gewinnen. Warum tun die Alten das? Gibt es eine Verpflichtung, Wissen und Können weiterzugeben? Werner Deisenroth, Doyen der Designfotografie, Herausgeber des Designers-Digest und, wie auch Moormann, einer der Heroes by Try crossover: „Es als Verpflichtung anzusehen wäre missverständlich und würde die Beteiligten belasten. Wesentlich ist, die Freude darüber zu teilen, dass Erfahrung, Wissen und Tradition weitergetragen und bereichert werden.“ Ein guter Ansatz.

Ursprünglich gab es bei Try crossover zwei Angebotsschienen: Die Kurse, in denen Jugendliche schnell und mit Spaß eine Aktivität ausprobieren konnten. Und die Projekte, die umfassender und länger angelegt sind. Von den Kursen ist man mittlerweile abgekommen. Sie waren Karrasch zu wenig substanziell. „Wir hatten die Kids zu kurz bei uns, um etwas bewirken zu können. Wir konzentrieren uns heute auf Projekte. Die Jugendlichen können erfahrungsbasiert und unbeeinflusst erkennen, ob sie für eine Tätigkeit genug Interesse und Begabung mitbringen, um daraus einen Beruf zu machen.“ Oder eben nicht. Solche Entscheidungen sind tragfähig.

Wenn man dem Zeit gibt.

Und genau das ist eine des Besonderheiten der Try crossover-Projekte. Abgesehen davon, dass die Jugendlichen die wirklichen Meister ihres Fachs zur Seite haben. Die Kids haben Zeit. Projekte bei Try crossover gehen teilweise über Monate. Was nicht heißt, dass alle Jugendlichen auch in allen Phasen dabei sind. Sie wählen, was sie kennenlernen wollen und haben dann reichlich Zeit, sich mit den Facetten einer Tätigkeit vertraut zu machen. Karrasch ergänzt einen wichtigen Aspekt: “Der Weg vom Wunsch etwas zu machen bis zum Ergebnis ist meist nicht leicht. Wir haben unsere Projekte so konzipiert, dass auch Leidensfähigkeit gefordert wird, um die wirkliche Leidenschaft zu finden.“ Die jungen Teilnehmer erkennen Zusammenhänge, sie verstehen ihren Anteil am Gesamtergebnis ist. Sie lernen im Team zu arbeiten und durchzuhalten. Und sie erfahren all das, was es braucht, um sich für einen Beruf zu entscheiden, der sie glücklich macht.

Die Teilnahme an Try crossover-Projekten ist nicht kostenlos. „Wos nix kost, is’ nix wert“ gilt auch in Bayern, wie Karrasch bestätigt. Auch wenn es nicht mehr als ein Anerkennungsbeitrag ist – für manche Eltern wäre er trotzdem nicht finanzierbar. „Wir versuchen Kinder aus sozial schwachen Familien mitziehen. In unseren Projekten kommen auf acht zahlende Kinder jeweils zwei, die kostenlos teilnehmen können.“ Die Berufsorientierung bei Try crossover spricht sich herum. Doch optimal ist die Sichtbarkeit des Projekts noch nicht. Kurz streift das Gespräch die Politik. Ganz kurz. Dass Try crossover eine Säule der deutschen Bildungspolitik wäre, hätte er, Karrasch, schon gehört. Und viel anderes Lob. Da gehts ihm wohl wie österreichischen Voraus- und Rundumdenkern. Das missing link zwischen der Anerkennung für ein Projekt und wirksamer, auch monetärer Projektunterstützung ist oft … die Politik.

Ein Bereich, in dem die Angebote von Try crossover zunehmend an Bedeutung gewinnen, sind die in bayrischen Oberstufen vorgesehenen Praxisseminare, die Teil der Studien- und Berufsorientierung sind. Schulen sind kaum vernetzt in der Wirtschaft und um umfassende Projekte aufzusetzen, fehlt es den Pädagogen oft an Zeit und Wissen. Try Crossover geht an die Schulen, entwickelt gemeinsam mit den Schülern Projektideen für die Praxisseminare und setzt diese dann mit Partnerunternehmen um. Nicht unwillkommene Nebenwirkungen: Betriebe lernen Jugendliche kennen, die sich, wenn sie denn dann einen Ausbildungsbetrieb suchen, wohl an die Try crossover-Projektpartner erinnern. Das ist Lehrlingsmarketing pur. Es ist für Jugendliche nicht einfach, den passenden Beruf zu finden. Es ist für Betriebe nicht einfach, die passenden Jugendlichen zu finden. In Österreich nicht und auch nicht in Deutschland. Auf beiden Seiten der Grenzen wird viel getan. Oft ist es purer Aktionismus, manchmal sind konstruktive Ansätze erkennbar. Und selten, sehr selten, stößt man auf Projekte wie das von Christoph Karrasch, der Sachen sagt, wie: „Deine Neugier und deine Fantasie sind der größte Schatz, den du im Leben hast.“ Hier hat jemand verstanden, wie Berufsorientierung richtig geht.

Zitate:

„Es ist teilweise erschreckend, wie uninspiriert Menschen sind, wenn es um die berufliche Zukunft von Kindern geht“ (Christoph Karrasch).

„Es reicht nicht, nur zu reden. Und zu glauben, damit wäre schon etwas getan“ (Werner Deisenroth).

„Scheiß da nix, daun föht da nix“ (Jingle im Video zu einem gemeinsamen Projekt mit Radio BUH, dessen Betreiber, Stefan Dettl, auch einer der Try crossover-Heroes ist.)

„Try crossover ist nichts für große Worte. Es ist ein Projekt mit vielen kleinen Taten“ (Werner Deisenroth).

 

 

Factbox:

Try crossover, gemeinnützige Privatstiftung, Gründungsjahr 2014

Stiftungszweck: Förderung von Wissenschaft und Forschung, Kunst, Kultur, Medien, Sport, Erziehung sowie der Volks- und Berufsbildung einschließlich der Studentenhilfe für Jugendliche.

Stiftungsvorstand: Christoph Karrasch Stiftungsrat: Cornelia Karrasch www.try-crossover.de

Realtime Technology AG (RTT), weltweit 800 Mitarbeiter Weltmarktführer industrielle 3D Visualisierung und Virtual Reality.

www.rtt.ag

Elfriede Gerdenits