Ferdinand Alexander Porsche und der bis heute anhaltende Diskurs von Form und Funktion
„Die Funktion ist die Basis der Überlegungen. Funktionale Gestaltung von innen heraus statt lediglich äußerlich erfolgtem Styling ist das Resultat.“ Wer von diesem technisch spröde anmutenden Ausspruch auf langweiliges oder gar ungelenkes Design schließt, liegt gänzlich daneben. Das Zitat ist eines von vielen Betrachtungen zum Thema Formgebung und stammt von Ferdinand Alexander Porsche. Es beschreibt die gestalterische Vorgehensweise des begnadeten Industrie-Designers sowie den Anspruch, dem ein Objekt aus seiner Hand Genüge tun muss.
Wer an Porsche denkt, denkt unwillkürlich an den 911er. Doch wer hat ihn „erfunden“? Was sogar Porsche Fahrer bisweilen nicht wissen: Der älteste Sohn des damaligen Firmenchefs Ferry Porsche, also die dritte Generation, ist der gestalterische Vater des Porsche 911, einer über jeden Zweifel erhabenen Designikone. Sie ist fester Bestandteil der Sammlung des Museum of Modern Art in New York. In diesem zeitlosen Klassiker der Sportwagengeschichte kulminiert schon zu Beginn der alsbald unerhört vielseitigen Palette innovativer Kreationen des Designers dessen Überzeugung „Design ist die Verbindung emotionaler und rationaler Elemente, von Kultur und Zivilisation, Kunst und Technik.“ Dieses Verständnis von Design artikuliert sich in einer Formensprache, die sich mit an sich widersprüchlichen Attributen belegen lässt: zurückgenommen und innovativ, dem Understatement zugetan und zugleich ein lautes Statement, eben dezent auffällig, schnörkellos, reduziert, puristisch, im besten Sinne zeitlos und langlebig und bei alledem zuvorderst funktional.
Wenn der Vater mit dem Sohne…
Große Persönlichkeiten werfen ihre Schatten, und es ist schwer, aus diesen als Nachfolger erfolgreich herauszutreten. Der Deutsch-Österreicher Ferdinand Porsche war bereits als Konstrukteur des Lohner Porsche als erstes Hybridauto, diverser Austro-Daimler, des Mercedes-Benz SS und SSK in die Annalen eingegangen, bevor er sich im Jahr 1931 mit seinem Konstruktionsbüro Dr. Ing. h. c. F. Porsche GmbH selbständig machte. Seinem Sohn Ferry (Ferdinand Anton Ernst) Porsche gelang es, sich mit der Konstruktion des Grand Prix Rennwagens Cisitalia (1948) gleichberechtigt neben seinem Spiritus Rector zu etablieren. Die Aussage des Vaters „Keine Schraube hätte ich anders gemacht“ ermutigte den Stammhalter, von nun an Sportwagen in Eigenregie und unter dem Namen Porsche zu bauen. Dank Ferry wurde aus dem väterlichen Konstruktionsbüro im Kern eine kleinen Sportwagenschmiede, die er 1948 gründete. Der Durchbruch kam prompt noch im gleichen Jahr, zumal der Weg zum ersten Porsche, dem Typ 356, inspiriert von den Arbeiten am Cisitalia, in Ferrys Kopf vorgezeichnet war. „Wir haben einfach das Auto gebaut, das wir für richtig hielten – ein kleines, wendiges, leichtes Fahrzeug, das die Leistungen eines großen, leistungsstarken Wagens übertreffen sollte.“
Die erste Generation gründet, die zweite baut auf, und die dritte? Die gibt bei der Familie Porsche nicht etwa auf, sondern sorgt für die Unsterblichkeit, indem sie den Mythos 911 ins Leben ruft und bald ihr eigenes kleines, aber feines Unternehmen gründet. Visionäre waren alle drei Porsche, zwei als Ingenieure, der dritte als Designer, der still und leise Großes schuf. Unaufhörlich.
Anfang der 1960er Jahre war die Zeit reif für eine Neukonstruktion. Ferdinand Alexander Porsche, kurz F.A., der älteste der vier Söhne, arbeitete seit drei Jahren bei der Dr. Ing. h.c. F. Porsche KG in Stuttgart, und zwar als Konstrukteur in der Modell-Abteilung, zu deren Chefdesigner er 1962 avancierte. Nach zwei Schnuppersemestern an der Hochschule für Gestaltung in Ulm, seinerzeit nach dem Bauhaus die international renommierteste Design-Hochschule, war F.A. mit 22 Jahren dem Sog des väterlichen Unternehmens erlegen. Bereits als kleiner Junge hatte er Vater und Großvater Ferdinand in die Räume des damaligen Entwicklungs- und Konstruktionsbüros in Zuffenhausen begleitet. „Ich war stolz und glücklich, dazuzugehören. Ich nehme an, das Erlebnis dieser Stunden ist im Unterbewusstsein hängen geblieben.“ Wen sollte es wundern, dass der Apfel nicht weit vom Stamm fiel. „Als ich damals den 911 konstruiert hatte, stand er von Anfang an hinter mir. Aber nicht, weil ich sein Sohn war, sondern weil er überzeugt war.“
Auf der internationalen Automobil-Ausstellung in Frankfurt 1963 wurde der äußerst innovative 911 noch unter dem Namen 901 gefeiert. Der Urahn aller 911er trat als ultimativer Sportwagen seinen sattsam bekannten Siegeszug quer durch alle Länder an. Diese Erfolgsgeschichte hält dank seiner unverwechselbaren Formen auch knapp ein halbes Jahrhundert später unverdrossen an und ist in der Automobilwelt bislang einzigartig. „Ich wollte ein total neutrales Auto schaffen, ohne Schnickschnack,“ sagt er über seinen größten Wurf, den Erfolgsgaranten für die Porsche AG – auch heute noch. Total neutral? Der Sportwagen war alles andere als das. Es war und ist eine mit ihrer weichen Formgebung höchst emotionale Kreation. Die Kunst der innovativen Schlichtheit, Schlichtheit im Sinne von Design ohne Zierrat, bleibt seitdem das Markenzeichen von F.A.: „Ein formal stimmiges Produkt braucht keine Verzierung. Es soll durch die reine Form erhöht werden.“ Diese reine Form aus seiner kreativen Hand sollte alsbald einige Ausrufezeichen in der Designwelt setzen. Mit der Gestaltung des Porsche 904 Carrera GTS, einem in seiner Bauweise für damalige Zeiten höchst innovativen Rennwagen und dem ersten Porsche mit Kunststoffkarosserie, gelang F.A. ein weiterer Meilenstein des Automobilbaus. Der 904 Carrera GTS gilt als einer der schönsten Rennwagen überhaupt.
Das eigene Designstudio und die eigene Luxusmarke
Schon längst hatte sich der Mann ohne Schnörkel mit dem Mut zum klaren Statement der Formen als Vertreter der dritten Generation Porsche in der Automobilwelt erfolgreich neben seinem Vater etabliert. Alle Renn- und Sportwagenmodelle der Jahre 1960 bis 1967, wie zum Beispiel der Porsche 804 für die Formel 1, tragen seinen gleichsam ästhetisch-funktionalen wie innovativen und auf das Wesentliche reduzierten Schriftzug. Dem Automobil als Designobjekt galt gleichwohl nicht sein alleiniges Interesse. Seine eigentliche Liebe waren Uhren, weil sie Hightech und Design auf kleinstem Raum vereinigen.
Als Ferry Porsche und seine Schwester Louise Piëch, die Mutter von Ferdinand Piëch, aufgrund von Familienstreitigkeiten beschlossen, den Sportwagenhersteller zur Porsche AG umzufirmieren und alle Familienmitglieder ihrer operativen Tätigkeiten zu entbinden, war dies für F.A. der Anlass, sich mit dem eigenen Designstudio in Stuttgart selbständig zu machen. Das Kürzel pd sollte für Kenner binnen kürzester Zeit zum Inbegriff von „Engineered Luxury“ werden. Im Schatten des übermächtigen Namens Porsche hatte F.A. von Anfang an den Anspruch, mit seinem Designstudio etwas Ureigenständiges zu schaffen. Das ist ihm gelungen: Noch heute haben rund 80 Prozent aller Porsche Design Kunden keinen Porsche in der Garage.
„Mir macht es einfach Spaß, Dinge besser zu machen. Denn irgendwie mache ich sie immer auch für mich selbst.“ F.A. Porsche
Ständiges Optimieren auf der Suche nach Perfektion zeichnet den Designer F.A. aus. Sein Wirken ist alles andere als ein Ausdruck von l’art pour l’art, Kunst um der Kunst willen. Den Durchbruch als sein eigener Herr schafft F.A. sozusagen ‚aus dem Handgelenk’. Der erste Auftrag für Porsche Design ist prompt der Entwurf einer Uhr, nämlich eines Chronographen in limitierter Auflage für verdiente Mitarbeiter der Porsche AG. Das Resultat folgt seinem Diktum ‚Eine gute Idee ist oft überraschend einfach’ und ist doch eine Revolution. F.A. entwirft die weltweit erste komplett schwarze Uhr. Der Grund für die Farbe war typischerweise in erster Linie funktional, nicht modisch. Einen modischen Trend setzte der avantgardistische Zeitmesser aber gleichzeitig in Gang. F.A. hatte erkannt, dass die Funktion einer Uhr, die Zeit anzuzeigen, am deutlichsten auf nicht reflektierendem matt-schwarzem Grund und mit klaren weißen Ziffern erfüllt wird. Wie bei dem Armaturenbrett eines Sportwagens. Das Styling ist schlicht und sehr klar, der Chronograph für damalige Zeiten ungewöhnlich groß, mit deutlicher weißer Beschriftung, zwei weißen Zeigern mit Leuchtmasse und einem Sekundenstoppzeiger in Rot als einzigem Farbakzent. Damit war ein erstes Ausrufezeichen gesetzt für eine bis dato nicht abreißende Serie gelungener Kabinettstücke – entworfen für das unterdessen nicht nur männliche, sondern auch weibliche sportliche Handgelenk. Die klare Aussagekraft des „Chronograph I“ hat Generationen von Uhren bis heute im Design beeinflusst.
Weitere wegweisende Entwicklungen waren 1978 die erste Uhr mit integriertem Kompass – ebenfalls ganz in Schwarz, zwei Jahre später gefolgt vom ersten Chronographen aus Titan, ein Material, das bisher nur in der Raumfahrt eingesetzt worden war und damit deutlich leichter als Uhren aus Stainless Steel ist. 30 Jahre später bringt Porsche Design zum 75. Geburtstag von F.A. eine limitierte Neuauflage von 911 Titanium Chronographen heraus. Es folgen viele weitere Meilensteine der Uhrenindustrie in punkto Material, Design und Technik. Und auch nach F.A.’s Ausscheiden aus seinem Unternehmen gilt unverändert das ungeschriebene Gesetz, technische Höchstleistungen in einer perfekten Form widerzuspiegeln. Nicht nur bei Uhren.
Ich trage, wo ich gehe, stets eine Uhr bei mir – F.A. umgibt sich gerne gleich mit mehreren (dazu das Bild, in dem F.A. mehrere Uhren an seinem Arm trägt)
„Er hat alles gestaltet, was Männern wichtig ist und Spaß macht,“ sagt Jürgen Geßler, CEO Porsche Design Group. Und auch wenn der Fokus auf Produkten für den sportlich progressiven Mann lag, sollten Frauen, wie Skizzen der ersten Sonnenbrille mit Wechselglasmechanismus zweifelsfrei belegen, von Anfang genauso an den Accessoires Gefallen finden. „Mir macht es einfach Spaß, Dinge besser zu machen. Denn irgendwie mache ich sie immer auch für mich selbst.“ Dieser Anspruch, jeder Entwicklung den Charakter des Einzigartigen zu verleihen, findet sich quer durch die bald weit gefächerte Produktpalette. Doch nicht nur das Funktionale der sogenannten Exklusivbrille (1978), die sich dank mühelos austauschbarer Gläser den Lichtverhältnissen anpasst, faszinierte die Kunden. Das selbstbewusste Statement der Marke Porsche Design wurde zum absoluten Renner, mit bisher weit über sieben Millionen verkauften Brillen. Unterdessen gibt es die „P8478“, wie sie in der Neuauflage von 2008 kurz heißt, in vier verschiedenen Größen. „Wir sind keine Männermarke, sondern eine Marke mit maskuliner Designsprache,“ betont der heutige Markenchef. (hier die Skizze)
Yoko Ono: nicht ohne die P8479
Auch die „P8479“, besser bekannt als Yoko Ono Brille, wurde neu aufgelegt. Yoko Ono trug diese Sonnenbrille erstmals bei einer Pressekonferenz. Von da an wurde sie ein unveräußerlicher Bestandteil ihrer Garderobe – quasi ihr Markenzeichen, wie bei Udo Lindenberg der schwarze Hut.
Alles, was F.A. in seine designerischen Hände nahm, wurde zum Klassiker. Und das liegt sicher nicht zuletzt an der Gleichberechtigung von Form und Funktion. Summa summarum wirkte F.A. 14 Jahre lang als Automobildesigner. Den Großteil seines Berufslebens, nämlich gut 30 Jahre, widmete er jedoch seiner Marke Porsche Design mit dem Entwurf exzeptioneller Accessoires. Und die reichten von seinen geliebten Uhren, diversen Brillen, über Haushaltsgeräte wie Wasserkocher oder Toaster, bis hin zu Gepäckstücken oder so scheinbar trivialen Alltagsgegenständen wie einem Kugelschreiber. Bei F.A. wurden all diese Gegenstände ihrer Alltäglichkeit enthoben. So wird aus dem Kugelschreiber ein edles Schreibgerät aus hochtechnologischem Edelstahlgeflecht, der „TecFlex“ oder schlicht „P3310“. Im Endeffekt waren all diese Accessoires alles andere als schlicht, sondern repräsentieren eben „Engineered Luxury“, wie F.A. seine Produkte charakterisierte. Als Inbegriff eines „Iconic Style“ bezeichnen CEO Geßler und Roland Heiler, Geschäftsführer des Porsche Design Studio Zell am See in Österreich, rückblickend die ingeniös gedrechselten Luxusgegenstände und nehmen dies als Maßstab für Kreationen unter ihrer Ägide. Designikonen sind immer auch Klassiker ihrer Produktkategorie, und deren Entwurf ist ins Stammbuch von Porsche Design quasi als verpflichtend eingetragen. „Es ist unser fortwährendes Bestreben, einen Klassiker zu entwerfen,“ unterstreicht Heiler. „Das hat damit zu tun, dass wir den Anspruch haben, langlebige und zeitlose Produkte zu gestalten. Ob ein Produkt ein Klassiker wird, hängt allerdings nicht allein vom Designansatz ab.“ Und obwohl das Unternehmen alles produziert außer Autos, sind die Autogene, die an F.A. dominant vererbt wurden, in der Designphilosophie latent spürbar und willkommen. Auch Geßler und Heiler waren beide bei der Porsche AG tätig, bevor sie die Leitung der Porsche Design Group übernahmen.
Die zwei Standbeine der Porsche Design Group, Großraum Stuttgart und Zell am See, sind historisch bedingt. Nach zwei Jahren Selbständigkeit zog es F.A. in den Ort seiner Kindheit, nach Zell am See, zurück. Das dortige Designstudio, eine für die Welt des Designs völlig unorthodoxe Lokation, war für ihn als stiller Ort zwischen Gebirgsmassiven das ideale Refugium für seine Kreativität. Dieses Standbein blieb als Porsche Design Studio erhalten, als im Jahre 2003 in Bietigheim-Bissingen nahe Stuttgart die Porsche Lizenz- und Handelsgesellschaft mbH & Co. KG (Porsche Design Group) gegründet wurde, an der sich die Porsche AG zu 65 Prozent beteiligte; die restlichen 35 Prozent sind im Besitz der Familie Porsche. Dieses Unternehmen mit Name Porsche Design Group, aus dessen operativem Geschäft sich F.A. wegen schwerer Krankheit nach und nach zurückzog, will das Lebenswerk des Professors weiterführen und ausbauen.
Kernkompetenz statt Kernprodukt
„Unsere Marke ist Design. Und weil wir vom Design kommen, sind wir nicht auf eine Kategorie beschränkt,“ erklärt Jürgen Geßler das weit gefächerte Produktportfolio von Porsche Design. Unter dem Dach der Porsche Design Group sind die Luxusmarke Porsche Design, die Submarke Porsche Design Driver’s Selection mit Artikeln für die Porsche AG sowie die Tochtergesellschaften Porsche Design Studio in Zell am See und die beiden Vertriebsgesellschaften Porsche Design of America und Porsche Design Asia Singapore zusammengefasst. Nach wie vor sitzt in Österreich die Keimzelle der Kreativität. Dort werden ausnahmslos die Produkte der Marke Porsche Design gestaltet. Das Studio zählt heute zu den renommiertesten Designhäusern Europas. Seit seiner Gründung haben Produkte, die dort gestaltet wurden, mehr als 130 nationale und internationale Designpreise und Auszeichnungen erhalten. Von Anfang an nahm das Studio auch Auftragsarbeiten für andere Unternehmen in Industrie- und Produktdesign an. Sie reichen vom Toaster für Siemens, der genauso zum Klassiker wurde, über eine Seilbahn, bis hin zu Rennbooten oder einem Motorkatamaran. „Derartige Projekte begleiten die Luxusmarke Porsche Design von Beginn an. Sie schaffen die Verbindung zwischen komplexer Spitzentechnologie und klassischen Accessoires. Und sie ermöglichen uns, den Anspruch „Engineered Luxury“ nicht nur zu perfektionieren, sondern die gewonnene Erfahrung in einer Vielzahl von Produkten umzusetzen. So nutzen wir beispielsweise das in Raumfahrttechnik beliebte Material Beta-Titan bei unseren Porsche Design-Brillen, um ihnen maximale Leichtigkeit, Flexibilität und höchsten Tragekomfort zu verleihen,“ sagt CEO Geßler. Den Spagat zwischen absoluter Eigenständigkeit einerseits – in Kurzform als „wir machen alles außer Autos“ charakterisiert, und Nähe zur Sportwagenschmiede schon allein aufgrund der Mehrheitsverhältnisse und in Sachen Designauffassung andererseits, gilt es immer wieder erneut in seinem Wesen zu definieren, durch Nachjustieren zu schärfen und zu sich ändernden Zeitumständen in Beziehung zu setzen.
„Wenn man die Funktion einer Sache überdenkt, ergibt sich die Form manchmal wie von allein.“
Dieser Leitspruch von F.A. Porsche ist für die Porsche Design Group oberstes Prinzip. Es ist das Mission Statement, das es stets zu erfüllen gilt und das auf jeder Visitenkarte des Unternehmens steht. Auf keinen Fall das Credo des Gründers verwässern und dennoch mit der Zeit gehen, so die Devise. Aus diesem Leitspruch heraus gilt es, jenen „Iconic Style“ zu entwickeln, ein unverwechselbares Design, das Porsche Design wiedererkennbar macht. Wie bunt der Strauß exklusiver Produkte sein kann, darauf machte die Porsche Design Group letztes Jahr mit einer spektakulären knapp zwei Meter hohen Ikone aus gebürstetem Aluminium und schwarzem Klavierlack aufmerksam: dem millionenschweren und streng auf fünf Exemplare limitierten Porsche Design-Adventskalender. Pro Kontinent ein Kalender und pro geöffneter Tür ein technisch inspiriertes Luxusprodukt, bis hin zum Speedboot.
In neun Produktkategorien sind die Kreationen mit dem dezenten Kürzel „pd“ unterdessen unterteilt: P’1000 Fashion, P’2000 Luggage, P’3000 Accessories, P’5000 Sport, P’6000 Timepieces, P’7000 Home, P’8000 Eyewear und P’9000 Electronics. Der neue Fokus auf Kleidung für Sie und Ihn ist unverkennbar und gewollt. Der Kunde verlange nach diesem Highend Luxury. Kaufen kann man ihn nur in den weltweiten Porsche Design Stores. Im Segment Fashion geht es ebenfalls um Mode und nicht allein um modische Trends. Langlebigkeit, also vorzügliche Qualität und Verarbeitung, haben hier genauso oberste Priorität. Kaum verwunderlich also, dass selbst die sportiv-klassische Mode von technischem Fortschritt inspiriert ist. In der Kategorie Sport versinnbildlicht dies derzeit der Sportschuh „Bounce:S“. Mit seiner dem Automobilbau verwandten mechanischen Metallfederung, die vertikale Impulse in Antriebsenergie umwandelt, bietet der Hightech-Laufschuh besondere Elastizität, einen herausragenden Dämpfkomfort und nicht zuletzt eine Art KERS, die aus dem Rennsport bekannte Kinetische Energierückgewinnung. Die äußerliche Netzstruktur aus einem Guss unterstreicht nicht nur den technischen Look des Laufschuhs, sondern hat auch eine praktische Funktion, indem sie die Atmungsaktivität optimiert.
Eine Marke ist kein Fixstern, sondern ein Komet, der geleitet werden muss. Diesem Motto fühlt sich Porsche Design verpflichtet.
Nächstes Jahr wird Porsche Design 40 Jahre alt, und das Design-Vermächtnis des Gründers lebt fort. Denn auch seit dem Rückzug von F.A. aus seinem Unternehmen legt CEO Geßler mit seiner Mannschaft großen Wert darauf, die Marke Porsche Design im Sinne ihres Nestors weiterzuführen. Neben klaren Aussagen zu dessen Auffassung von Design hat er einen Forderungskatalog aufgestellt, den Porsche Design erfüllen muss, die sogenannten „zehn Gebote“. Diese Porsche Design Philosophie ist neben dem Mission Statement für alle Mitarbeiter verbindend. Innerhalb diesem Rahmen bewegen sich alle neuen Produkte. „Die Markenidentität von Porsche Design wird von technischen Produkten geprägt,“ heißt es unmittelbar im ersten Gebot. Die Produktkategorie Fashion, auf die sich die Porsche Design Group derzeit stark fokussiert, leistet in dieser Hinsicht keinen wesentlichen Beitrag. Sie folgt dafür den Geboten, die „Luxus und Purismus“, „Ehrlichkeit und Kompromisslosigkeit“ einfordern. „Porsche Design ist innovativ und konzeptionell; Porsche Design ist zeitlos und von höchster Qualität,“ appellieren die Gebote neun und zehn. In Zukunft spiele der Gesamtausdruck des Menschen eine größere Rolle, und der sei nuancenreicher geworden, sagt Geßler zur Aufwertung des Themas Fashion in der Porsche Design Markenwelt. „Früher war der Manschettenknopf ein Diversifikationsmerkmal an einem ansonsten mehr oder minder einheitlichen weißen Hemd. Heute bietet das Hemd per se schon sehr viele Möglichkeiten. Es braucht nicht mehr den Manschettenknopf. Das können Sie für die ganze Person durchdeklinieren.“ Daraus resultiere, dass Porsche Design als Marke ganzheitlicher agieren müsse als früher. „Das singuläre Produkt reicht nicht mehr. In einer Welt voller Konsumeindrücken, von vielen Informationen muss man sich als Marke gesamtverständlich machen,“ erklärt der 47Jährige. Besonderen Wert legt der Manager in dem Zusammenhang darauf, dass die Linie Porsche Design Woman wieder erstarkt sei im Angebot. „Frauen waren schon immer in unserem Fokus, mit einer eigenen Taschen- und Uhrenkollektion. Jetzt sind sie es mehr denn je.“
Porsche Design Store als ganzheitliches Markenerlebnis
Und damit der Kunde die Marke intensiv erleben kann, soll das Netzwerk der Porsche Design Stores kräftig ausgebaut werden. Der erste Store mit neuer Corporate Identity und deren Betonung auf eine freundlich wertige Titan-Farbgebung statt Schwerpunkt auf das für Porsche Design immer noch typischen Schwarz wurde im Juli in Asien eröffnet und damit gleichzeitig der erste Store auf diesem Kontinent. Weitere Geschäfte im neuen Look folgen in der Frankfurter City (Große Bockenheimer Straße) und demnächst zusätzlich zu zwei bestehenden Stores ein großer Flagship Store in der Bundeshauptstadt, dem neuen Mekka deutscher Modedesigner (Berlin Mitte, Münzstraße). Die anderen Stores werden nach und nach entsprechend der neuen CI umgewandelt. Seit 2003 hat die Zahl der Stores von fünf auf weltweit mehr als 110 zugenommen. Davon werden 16 in Eigenregie geführt und rund einhundert als Franchise Shops. Bei alledem werde Porsche Design immer ganz bewusst eine Nischenmarke bleiben. Hinein spielen die unmerklich sozialhierarchischen Aspekte wie „Stealth Wealth“. Der diskrete Luxus gilt genauso für Asien. Auch dort verzichtet Porsche Design auf Pomp und Zierrat, die mit der Markenidentität absolut unvereinbar sind. Warum also Porsche Design in Asien? Es darf vermutet werden: Die Marke als solche zieht – und das bei aller Eigenständigkeit der Marke dann doch aufgrund der Magie des Namens Porsche. Nicht nur in Asien.
Kunden auf der ganzen Welt wissen den puren Luxus zu schätzen. Zu ihnen zählen so unterschiedliche prominente Persönlichkeiten wie Boris Becker und Herbert Grönemeyer oder Bruce Willis, Tom Jones, Jennifer Lopez, Paolo Coelho, Jerry Bruckheimer und David Beckham. Bei all den Wünschen der Kunden bleiben die zehn Gebote zementiert in der Designphilosophie von Porsche Design. Es sind die Wurzeln, die die Produkte authentisch und glaubwürdig machen. „Wir wissen, dass die Marke in bestimmten Ländern besser funktioniert und in anderen schlechter,“ erklärt Geßler.
Kernkompetenz Design als Alleinstellungsmerkmal
Alle Premium Automobilhersteller haben heutzutage ein reichhaltiges Angebot an Merchandising Artikeln für die Fans und Enthusiasten. Sie sollen die Welt des jeweiligen Herstellers evozieren. Bei Porsche heißt die Linie Driver’s Selection und ist in den weltweiten Porsche-Zentren sowie in den Online-Shops der Porsche AG erhältlich. Die Trennlinie ist klar: Die Driver’s Selection Produkte sind Premium, Porsche Design ist dagegen purer Luxus und allein in den Porsche Design Stores sowie im exklusiven Fachhandel zu haben. Ein Alleinstellungsmerkmal: Kein Automobilhersteller außer Porsche weiß eine eigenständige Luxusmarke an seiner Seite. Während es bei Porsche immer heißen kann „made by Porsche Design“ – mit Porsche Design oder pd als Signet – müssen andere Automobilhersteller stets mit Fremdmarken kooperieren.
All dies geschieht im Porsche Design Studio, dort wird heute eine Jacke entworfen und morgen ein Boot. Mit dem Studio liefert die Porsche Design Group alles aus einer Hand und entwirft seit dessen Gründung auch für Dritte. Porsche Design lehnt sich also an keine Marken wie Prada oder Breitling. Im Gegenteil. „Wir können mit den Luxusmarken dieser Welt konkurrieren. Oftmals schlagen wir renommierte Wettbewerber, die seit Jahren im Luxusgütersegment auf dem Markt sind,“ unterstreicht Markenchef Jürgen Geßler die gewachsene Wertigkeit.
Ein Geburtstagsgeschenk zum Jubiläum der stabilen Marke gibt’s schon vorab: Das in pechschwarzem Lackfinish hochwertig aufgemachte Buch „Porsche Design – 40 Jahre“ (Collection Rolf Heyne, ISBN-13: 978-389910518-6; 75 €) feiert die Marke als eine der einflussreichsten Formensprachen der letzten vierzig Jahre. Porsche Design habe neben der Designsprache von Dieter Rams und Peter Schmidt, beides Altersgenossen von F.A., weltweit die nachhaltigsten Spuren deutscher Nachkriegsdesigngeschichte hinterlassen. Wenn das nicht Aufruf und Verpflichtung zugleich ist, diese Pole Position als Nische für außergewöhnliche Luxusgegenstände auch weiterhin zu besetzen!
Susanne Roeder
©roe