Japan muss sich abschotten. Aus anderen Gründen derzeit als dies in den Jahrhunderten vor der Öffnung des Landes gegeben war. Aktuell ist es die notwendige Vorsorge, um die Verbreitung eines gefährlichen Virus zu vermeiden. Japan sollte erneut Austragungsort der Olympischen Spiele sein und damit Gastgeber für Besucher aus aller Welt. Die Umstände zwangen dazu, alle Besucher auszuschließen. Es ist wahrhaftig anders als in der Zeit, als nur Ausgewählte ins Land kommen durften. Und trotzdem werden Erinnerungen an die Zeit geweckt, in denen das Land seine Traditionen vor Einflüssen von außen schützte. Am Olympiastadion verbinden sich die Gedankenlinien auf ihre Weise mit der Geschichte, um die es hier im Wesentlichen geht. Die Form der neu gebauten Sportanlage soll Erinnerung an die Pagode des 1300 Jahre alten Horyuji-Tempels wecken. Und damit Symbol für einen Wandel in der japanischen Architektur durch Rückbesinnung sein. Es soll nach dem Willen von Kengo Kuma, dem weltbekannten Architekten, der Katalysator sein, der den aktuellen Zustand der Betonstadt Tokio wieder zurückverwandelt. Kuma möchte mit diesem Bauwerk dazu beitragen, die Richtung der japanischen Architektur zu ändern. Für ihn zählen Respekt vor der Kultur und dem Umfeld des Ortes, in dem er arbeite.
Damit gibt er Prinzipien wieder, die im Grunde für das Entstehen von Bauwerken in Japan herangezogen werden. Die trotzdem aber die Werte ihrer Standorte nicht in gebotener Weise respektieren. Für Kuma ist es kein Widerspruch, in der Gegenwart verankert zu sein und trotzdem, angemessen scheint eher ein ‚gerade deshalb‘, dem Material, den Oberflächen und der Wirkung von Licht und Schatten ihre traditionelle Rolle wieder zuzuweisen. Er will Alternativen zum Modernismus der Wolkenkratzer des zwanzigsten Jahrhunderts schaffen. Deshalb reiste er durch seine Heimat, suchte Ansätze für Nachhaltigkeit, suchte nach lokaler Handwerkskunst. Um Beides in ihren Orten entsprechende zeitgemäße Gebäude zu überführen. Er verkündet seine Architektur, taktil, mit ansprechenden Oberflächen, innovativen Strukturen und fließenden Formen. Sie soll wieder Verbindung zwischen Menschen und der Körperlichkeit, der Kultur und dem Sinn eines, ihres, Bauwerks herstellen. Kengo Kuma wird vorschnell als Star-Architekt bezeichnet. Besser, diesen modernistischen, nicht differenzierenden Titel durch einen seiner Ausnahmestellung gerecht werdenden zu ersetzen: Er ist die Lichtgestalt des Wandels in der Architektur.
Mit dem Buch KUMA.Complete Works 1988-Today würdigt ihn der TASCHEN Verlag mit einer XXL-Monografie. Rund fünfhundert Fotos, Skizzen und Pläne führen durch seine Karriere. Sie zeigen seine bisher bahnbrechenden Projekte und aktuell laufende Vorhaben. Ein besonderer Kotau vor Kengo Kuma ist die Art Edition, limitiert auf 200 Exemplare. Sie enthält eine von ihm signierte Heliogravure einer Originalzeichnung. Für diese Art Edition hat Kengo Kuma einen in Japan gefertigten hölzernen Schuber entwickelt.
Zum Künstler: Kengo Kuma (born in Yokohama in 1954) attended the University of Tokyo and establishedSpatial Design Studio in 1979 after further studies at Columbia University, New York. In 1987, he founded Kengo Kuma & Associates. He is based in Tokyo and Paris, while he teaches at the Graduate School of Architecture at the University of Tokyo, where he also runs his own Laboratory, Kuma Lab.
Herausgeber ist Philip Jodidio. Er studierte Kunstgeschichte und Wirtschaftswissenschaften in Harvard und war über zwei Jahrzehnte lang Chefredakteur der französischen Kunstzeitschrift Connaissance des Arts. Zu seinenVeröffentlichungen bei TASCHEN gehören die Reihe Architecture Now! sowie seine Monografien über TadaoAndo, Santiago Calatrava, Renzo Piano, Jean Nouvel, Shigeru Ban, Richard Meier, Zaha Hadid und demnächstNorman Foster.
Kuma. Complete Works 1988–Today / Kengo Kuma, Philip Jodidio / Hardcover, 30,8 x 39 cm, 4,97 kg, 460 Seiten / € 150 | CHF 200 / ISBN 978-3-8365-7512-6 (Deutsch, Englisch, Französisch)
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